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Arbeiten als Marktbesuch

In Tel Aviv hat das lokale Architekturbüro Roy David eine super-stylishe Coworking-Landschaft gestaltet. Als Inspiration diente das Konzept des klassischen israelischen Markts. Das Ergebnis ist ein echter Leckerbissen.

Wenn in Israel vom „Shuk“ die Rede ist, wissen alle sofort, dass es um einen traditionellen Markt geht. So ist etwa der „Shuk Mahane Yehuda“ in Jerusalem der größte, belebteste und ethnisch vielfältigste freistehende Markt des Landes. Aber auch der „Shuk HaCarmel“ (Carmel-Markt) in Tel Aviv hat seine Qualitäten und ist für Einheimische wie Touristen allemal einen Besuch wert.

Eine wöchentliche, kulturelle Erfahrung 

Genau diese tiefe Verbundenheit mit der Institution „Markt“ hat sich das Architektur- und Designbüro Roy David für das Coworking-Projekt „Brain Embassy“ in Tel Aviv zunutze gemacht. „Der ‚Shuk‘ ist eine kulturelle Erfahrung, die in jedem Haushalt wöchentlich präsent ist. Jeder Markt hat seinen Geruch, seine Farben, seine Klänge und vor allem seine Menschen“, heißt es dazu vonseiten der Gestalter.

Roy David

Die top-modernen und ästhetisch hoch-anspruchsvollen Arbeits- und Meeting-Bereiche erstrecken sich über eine Fläche von 5.300 Quadratmetern auf fünf Etagen und wurden in zwei Bauphasen 2020 und 2021 realisiert. Auftraggeber war die Adgar Real Estate Group aus Polen, die unter dem Label Brain Embassy fünf Coworking-Stützpunkte in Warschau und einen im belgischen Antwerpen betreibt.

Begegnungszone Office

Für die Umsetzung der Niederlassung in Tel Aviv haben die Architekten viel Wert auf das soziale Gespür gelegt, wie sie betonen: „Der Markt schafft ein Gefühl der Gemeinschaft, das ist der Ausgangspunkt unseres Projekts. Dieser Gedanke spiegelt sich im gesamten Areal wider, indem wir verschiedene Arbeitsbereiche und Räume geschaffen haben, die Menschen – sowohl informell als auch formell – zusammenbringen.“

Roy David

Dabei wurden auch ganz besonders die lokale Kultur und Gesellschaft miteinbezogen: „Jeder einzelne Bereich steht für eine Gruppe, die sich auf eine gemeinsame Reise durch die israelischen Köpfe begibt, wie zum Beispiel ein Besprechungsraum, der von Großmutters Wohnzimmer inspiriert ist, oder ein Raum, der vom israelischen Jahrhundert-Sänger Arik Einstein inspiriert ist.“

Düfte, Farben und Texturen

Aber nicht nur das Gesellige soll im Vordergrund stehen, in dem geräumigen Office geht es auch um ein sensorisches Erlebnis. „Es soll an die einzigartigen Sehenswürdigkeiten, authentischen Erfahrungen und magischen Düfte erinnern, die sich in den versteckten Ecken des Marktes offenbaren“, heißt es in den Worten der Roy-David-Architekten dazu.

Roy David

Um das zu unterstützten, wurden spezielle Texturen und Farben verwendet. So wurde ein Sitzbereich in eine Wand gemeißelt, der die Ecken des Marktes nachahmt und mit sorgfältig ausgewählten Leuchten und Tapeten auch die Sinne anspricht. 

Bunte Elemente

Überhaupt wurden die meisten Elemente so gewählt, dass die Design-Sprache und -Farbe der Marke Brain Embassy zur Geltung kommt. Dafür kamen etwa recycelte rote Ziegel, Eisennetze und Eichenparkett ebenso zum Einsatz wie bemalte Fliesen, die wiederum mit antiken Türen, Teppichen, üppigen Pflanzen sowie Glas- und Wandmalereien kombiniert wurden.

Roy David

Die eingesetzten Elemente sind aber nicht nur schön, sondern auch technologisch überaus funktionell. Beispielsweise gibt es sonderangefertigte Akustik-Blechdecken, an den Wänden hängende Akustikfliesen oder raumangepasste Beleuchtungskörper, deren Beleuchtungswinkel sich mit einer Fernbedienung einstellen lässt.

Natürliches Licht

Bei der Gestaltung des Grundrisses wurde darauf geachtet, dass jedes Büro an den Fenstern liegt, die das meiste natürliche Licht erreicht. Die öffentlichen Bereiche und Besprechungsräume sind über den restlichen Raum verteilt. Zudem steht den Coworkern auf jeder der fünf Etagen eine große Küche zur Verfügung.

Roy David

Manche der Stockwerke sind in persönlichere Einheiten unterteilt, wo sich kleine und mittelgroße Büros für zehn bis zwölf Personen befinden. Auf anderen Ebenen hingegen warten großzügige Open-Space-Flächen mit zweiundzwanzig und achtundvierzig Arbeitsplätzen auf. Dort gibt es auch ein Chefzimmer, einen Konferenzraum für drei oder vier Personen, eine Teeküche und einen Druckerstand. 

Viel Platz zum Denken

Aber auch der öffentliche Bereich an den Bars, Esstischen und in den gemütlichen Sitzecken soll zum Arbeiten und Brainstormen dienen, so die Architekten: „In der Brain Embassy findet jeder seinen Platz zum Denken, Schaffen und Treffen mit neuen Leuten. Es ist ein Raum, der für Wachstum und Entwicklung bestimmt ist, angefangen von einem Einzelplatz über ein Arbeitszimmer bis hin zu einem kleinen Büro und schließlich einem Arbeitsraum für ein reifes und sich entwickelndes Unternehmen.“

Roy David

Dahinter steckt aber mehr als nur eine infrastrukturelle Komponente, wie die aus Polen stammenden Betreiber der Brain Embassy-Kette unterstreichen. „Ein Brainer zu sein, bedeutet die Freiheit zu wählen: Wer du sein willst, wie du gerne arbeitest, mit wem du gerne arbeitest und wann“, lautet ihre Philosophie.

Das Beste aus sich rausholen

Und weiter: „Ein Brainer zu sein, ist ein Geisteszustand. Es bedeutet, sich seiner Identität, seiner Einzigartigkeit, seiner Ziele und Wünsche bewusst zu sein und gleichzeitig Teil von etwas Größerem zu sein. Es ist eine Gelegenheit, das Beste aus sich herauszuholen, was in deinem Kopf und deinem Herzen steckt. Zusammen mit deinen Nachbarn, Partnern, Mitarbeitern und Besuchern – und dabei jede Sekunde zu genießen.“

Roy David

Genau diese Erfahrungen machten auch die Architekten von Roy David. „Für uns war die Arbeit an dem Projekt ein komplexer Entwurf, der keinem anderen Office-Space in Israel ähnelt. Es ging darum, einen Arbeitsraum zu schaffen, der auch ein Zuhause ist. Ein Ort für Kreativität und Inspiration für jeden, der an der Geschichte der Brain Embassy teilhaben möchte.“

Roy David mag die kulturelle Note

Dass dabei ein so einzigartiges Ambiente wie auf einem israelischen Markt imitiert wurde, macht die Gestalter natürlich besonders stolz. Weil das ganze Projekt neben einer individuellen auch eine stark kulturelle Note hat. Und wer jetzt nicht Lust hat, einmal einen „Shuk“ zu besuchen, hebe bitte die Hand.

Text: Martin Obermayr
Fotos: Itay Benit

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