Das australische Architekturbüro Edition Office hat mit dem Federal House einen Rückzugsort geschaffen, der trotz schwarzer Farbe ohne künstliche Kühlung auskommt. Das ermöglichen ein paar coole Tricks.

Der Grund, warum schwarze Bauten nach wie vor in der Architektur auftauchen, ist nicht ganz logisch zu erklären. Schließlich nehmen im Gegensatz zu hellen Flächen dunkle Wände oder Dächer – und das weiß jedes Schulkind – Wärme auf, anstatt sie zu reflektieren. Stichwort: Albedo-Effekt.

Gerade in Zeiten der Klimaerwärmung ist also schwarze Farbe beim Bau neuer Häuser per se abzulehnen, meinen zumindest international renommierte Architekten wie etwa Wolf D. Prix von Coop Himmelb(l)au in Wien (siehe unsere Story „Wie gut ist ganz schön schwarz?“).

Spannende Lösung? Gefunden!

Eines aber muss man schwarzen Bauten sehr wohl attestieren: Sie können schon richtig cool aussehen. Und wenn die Architekten dann auch noch das Thema Hitze-Entwicklung smart lösen, wird die Sache wohl selbst aus Greta Thunbergs Sicht interessant. So wie es den australischen Planern von Edition Office gelungen ist. Mit dem Federal House haben sie ein Konzept realisiert, dass tiefschwarz in der Natur steht und dennoch nachhaltig funktioniert.

Federal House

Konkret sollte für einen Bauherrn in New South Wales ein Rückzugsort geschaffen werden, der mit der umgebenden Natur kommuniziert, aber gleichzeitig auch eine Art Landmark darstellt. Es sollte laut Briefing ein bewohnbares skulpturales Objekt in die zur Verfügung stehende hügelige und bewaldete Landschaft gesetzt werden.

Grüße aus der Kolonialzeit

Das Ergebnis ist ein schwarzer Würfel, der sich an der Verandabauweise aus der Kolonialzeit orientiert. Schwarzer Beton und schwarze Holzlatten verschwimmen auf den ersten Blick nahezu konturlos miteinander. „Aus der Ferne wirkt das Gebäude zurückhaltend, wie ein Schatten in der weiten Landschaft“, beschreibt Edition Office. „Erst bei näherer Betrachtung kontrastiert eine stark texturierte Außenhaut aus dicken Holzlatten den früheren Eindruck einer maschinell bearbeiteten Tektonik, so dass organische Materialgesten den Dialog mit der physischen menschlichen Intimität vorantreiben.“

Federal House

Will heißen: Wenn man näherkommt, sieht man, dass der Bau aus eben diesen beiden Komponenten besteht. Diese erfüllen aber freilich auch jeweils ihren Zweck. Die Terrasse wurde so gestaltet, dass sie eine Vielzahl von Verbindungen zur umgebenden Landschaft herstellt. So hat man sie gezielt mit schwarzen Holzlatten ausgekleidet. Diese filtern die Sonneneinstrahlung, nicht aber den Blick nach außen.

Federal House: Ideal bei jeder Wetterlage

Die Betonstruktur wiederum ermöglicht die Integration von ausladenden Glasschiebetüren. Rund um die Wohnräume verteilt, ermöglichen sie es je nach Wetterlage das Innere des Hauses entweder nach außen zu öffnen oder abzuschotten. Das klingt in Architektonisch dann so: „Das Ausdehnen und Zusammenziehen des Innenraums ermöglicht einen Wechsel zwischen dem Intimen und dem Öffentlichen, zwischen der unmittelbaren Landschaft und der weitläufigen, sich entfaltenden Landschaft im Norden“, sagt das Studio.

Federal House

Federal House

In den Innenräumen wechseln sich dunkles Holz und Beton mit helleren Holzböden und hellbraunen Ledermöbeln ab. Wobei die speziell angefertigten Türgriffe eine „taktile Auseinandersetzung“ mit dem Haus fördern sollen, heißt es. Das zeigt allerdings vor allem, bis in welches Detail sich die Architekten beim Federal Office hineingearbeitet haben. Alles sollte Hand und Fuß haben, spürt man.

Alles, nur keine Klimaanlage

Wirklich deutlich wird dieser penible Zugang jedoch in der durchaus spektakulären Funktionalität des gesamten Baus. Obwohl das schwarze Haus in der subtropischen Klimazone liegt, kommt es ohne Klimaanlage aus! Stattdessen setzen die Macher auf eine so genannte Querstrombelüftung. Das bedeutet: Luft strömt automatisch ein, wird aber nicht direkt in die Wohnräume geleitet, sondern zuvor auf natürliche Weise abgekühlt.

Federal House

Federal House

Dafür hat man einen Pool in das Haus integriert – der somit nicht nur beim Schwimmen der Lebensfreude dient. Außerdem passiert der Luftstrom einen eigens angelegten Farngarten, der für den Unwissenden schlicht als optischer Aufputz interpretiert wird. Erst dann strömt die gekühlte Luft in Lounge und Wohnräume.

Strom und Wasser vom Himmel

Dass zudem Regenwasser in einem 60.000-Liter-Tank aufgefangen wird, um damit die Wasserversorgung autark zu gestalten, wird als selbstverständlich angemerkt. Genauso wie die Tatsache, dass in weiterer Folge eine Solaranlage den Energiebedarf des Hauses decken wird.

Damit zahlt man zweifelsohne auf die heute selbstverständlichen Zugänge von Nachhaltigkeit ein. Und wirft vielleicht ein neues Licht auf die Frage, ob man Schwarz in der Architektur verwenden darf.

Text: Johannes Stühlinger
Bilder: Ben Hosking

Jetzt Newsletter Bestellen <>