Wiedergeburt eines Londoner Wahrzeichens
Über ein Jahrzehnt nachdem ein verheerender Brand Londons Walworth Town Hall verwüstete, erstrahlt die Ikone des Viktorianischen Stils in neuem Glanz. Die gelungene Transformation beruht auf modernem Holzbau und menschenzentriertem Design.
Die Walworth Town Hall ist ein historisches Verwaltungsgebäude im Londoner Stadtbezirk Southwark, unmittelbar südlich des Bankenviertels, der sogenannten City of London. Das viktorianische Bauwerk wurde 1865 eröffnet und diente zuletzt als Standesamt und Museum. Als es 2013 einem verheerenden Brand zum Opfer fiel, der das Dach des Backsteinbaus zerstörte, nahm man es in die Liste gefährdeter Baudenkmäler auf. Nachdem es viele Jahre dem Verfall preisgegeben war, begannen die Architekten von Feix & Merlin mit der aufwendigen Sanierung der Londoner Bau-Ikone und seiner Wiederbelebung als dynamisches Co-Working- und Gemeinschaftszentrum.
Heute gilt das transformierte Gebäude als Leuchtturmprojekt für den respektvollen Umgang mit historischer Substanz und als wegweisendes Beispiel für nachhaltiges Bauen im Bestand.
Von der Ruine zur belebten Ikone
Die Anforderungen an die Erneuerung des denkmalgeschützten viktorianischen Gebäudes waren immens. Einerseits galt es, Räumlichkeiten mit einer Fläche von knapp 5.000 Quadratmeter gemäß den denkmalrechtlichen Vorgaben instandzusetzen. Andererseits musste man darauf achten, das architektonische Erbe nicht totzurenovieren, sondern seinen ursprünglichen Charakter möglichst zu bewahren.
Julia Feix, Gründungspartnerin von Feix & Merlin, beschreibt ihren Ansatz so: „Obwohl die Walworth Town Hall eine bemerkenswerte Wiedergeburt erlebt hat, bestand unsere Arbeit oft darin, zu wissen, wann und wo wir uns zurückhalten mussten. So konnte uns das Gebäude leiten und offenbaren, was es braucht“.
Unsere Arbeit bestand oft darin, zu wissen, wann und wo wir uns zurückhalten mussten.
Julia Feix, Architektin
Diese Philosophie, das Erbe sprechen zu lassen, anstatt es zu übertönen, ist der rote Faden, der sich durch das gesamte Projekt zieht. Gemeinsam mit dem Immobilienentwickler General Projects machte man sich daran, ein bedeutendes Werk der Architekturgeschichte für die Nachwelt zu erhalten.
Nach den dramatischen Bildern des vom Brand eingestürzten Dachgebälks glich die Wiedereröffnung des viktorianischen Baudenkmals am 24. März 2025 einem kleinen Wunder.
Gute Gründe für den Holzbau
Zentrales Element der baulichen Erneuerung und Ertüchtigung ist der Baustoff Holz. Während man die ursprünglichen Stilelemente des Bauwerks liebevoll wiederhergestellt hatte, ersetzten neue Bauteile aus österreichischem und slowenischem Fichtenholz die beschädigten Teile der Konstruktion. Dabei war die Holzbauweise nicht nur der denkmalgerechten Sanierung geschuldet, sondern auch einer bewussten Entscheidung zum nachhaltigen Bauen.
Den zerstörten Dachstuhl des Bauwerks rekonstruierte man aus Brettschicht- und Brettsperrholz und schuf damit eine zeitgenössische Interpretation des ursprünglichen Entwurfs. Im Council Chamber, dem ehemaligen Ratssaal, der durch Feuer und Wasserschäden zerstört worden ist, herrscht nun ein gänzlich neues Raumgefühl.
Entsprechend dem Konzept von Feix & Merlin hat man die obersten Geschossdecken entfernt, um einen hohen Luftraum zu kreieren, der mit einem Dachfenster abschließt.
Viel Holz in der Hütte
Die neue Lobby und das Café sind vom warmen Ton des naturbelassenen Holzes dominiert, das hier im großen Umfang zum Einsatz kam. Die neue Holzdecke wird von Säulen und Gewölbebögen aus Brettschichtholz getragen. Sie ersetzen die brandgeschädigten Wände und ermöglichen ein offenes Raumkonzept.
Wir sind dieses Projekt mit der Vision angegangen, eine Blaupause dafür zu entwickeln, wie man gefährdeten kommunalen Baudenkmälern neues Leben einhauchen kann.
Frederic Sabandass, Chief Development Officer bei General Projects
Die Symbiose aus traditioneller Formensprache und neuen Holzwerkstoffen schafft eine Ästhetik, die die Geschichte des Gebäudes erzählt und gleichzeitig eine Vision für die Zukunft entwirft.
Räume für Arbeit und Gemeinschaft
Nach einem Jahrzehnt des Leerstands und Verfalls ist die Walworth Town Hall heute wieder mit Leben gefüllt und sorgt damit zu einer Aufwertung der Londoner Gegend um Elephant & Castle. Das neue Nutzungskonzept, entwickelt von General People, dem Managementzweig von General Projects, in Partnerschaft mit dem Southwark Council, ist auf die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen zugeschnitten.
So gibt es im Gebäude flexible Büros und Coworking-Spaces für über 550 Arbeitsplätze. Im Erdgeschoss befindet sich ein Gemeinschaftszentrum mit drei flexibel nutzbaren Räumen, das als wichtige Anlaufstelle für die Nachbarschaft dienen soll.
Neben dem Café gibt es im Komplex auch noch ein Restaurant, die Newington Library und das Cuming Museum. Zusammen mit der neuen, barrierefreien Erschließung zum Walworth Square hin sorgen diese Einrichtungen dafür, dass das historische Juwel für alle Londoner zugänglich und erlebbar ist.
Frederic Sabandass, Chief Development Officer bei General Projects, erklärt: „Wir sind dieses Projekt mit der Vision angegangen, eine Blaupause dafür zu entwickeln, wie man gefährdeten kommunalen Baudenkmälern neues Leben einhauchen kann.“ Diese Mission scheint geglückt.
Text: Gertraud Gerst
Fotos: Chris Wharton







