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Ein Haus aus Holz und Stroh

Weil ein iranischer Bauherr eine besonders nachhaltige Hütte wollte, haben die Architekten von Shaygan Gosta das Wicker House ausschließlich aus lokalen Ressourcen gebaut.

Ein Wald. Äste. Blätter. Moos. Miteinander richtig kombiniert ergeben sie schnell einen Unterschlupf im Wald. Eltern haben keinen Zutritt, dafür erblühen Fantasien so schön, dass sie fast schon greifbar sind.

Solche Erinnerungen an unbeschwerte Kindertage im Wald haben wohl viele erwachsene Menschen. Einen wohlhabenden iranischen Geschäftsmann aber ließen solche Bilder offenbar gar nicht mehr los …

Schlichtes Wicker House?

Diesen Eindruck erweckt zumindest das soeben fertiggestellte Wicker House auf einem weiten Grundstück in einem kleinen Dorf außerhalb der iranischen Stadt Nur. Eine auf den ersten Blick sehr einfache Hütte aus Holz und Stroh. Doch hinter der schlichten Erscheinung verbirgt sich am Ende weit mehr als ein simpler Kindertraum, wie die Architekten von Shaygan Gosta betonen.

„Der Anspruch des Bauherrn war es, einen Raum zu schaffen, der der lokalen Architektur entspricht und gleichzeitig eine neue Sicht und Erfahrung des Raumes ermöglicht“, sagen sie. Zudem sollte das Projekt ausschließlich aus Ressourcen, die sich in unmittelbarer Nähe befinden, erbaut werden.

Alter Architektur erinnern

Dabei, so der Bauherr, galt es vor allem, die typische Architektur der Gegend von Mazandaran aufzugreifen. Die wurde nämlich in den vergangenen Jahren so rasch an die klimatischen Veränderungen angepasst, dass sie in Vergessenheit zu geraten drohe. Zumindest fürchtet dies der nunmehrige Eigentümer von Wicker House.

Aber was ist in Sachen Architektur typisch für diesen Landstrich? Die Architekten erarbeiteten für sich eine Art Must-Have-Katalog. Die wichtigsten Kriterien daraus: Kompakte Größe, auf niedrigen Stelzen erbaut, steil abfallendes Dach aus Weidegeflecht.

Neue Technologie an Bord

Als besondere Erschwernis kam hinzu, dass diese alte Bauweise nicht einfach kopiert, sondern mit dem heutigen Know-how weiterentwickelt werden sollte. Technische Finesse im Innenraum inklusive.

Hütten wiue diese waren einst typisch für die Region.

Solch steile Strohdächer stachen markant ins Auge.

Nachdem der Anforderungskatalog erstellt war, machte man sich buchstäblich auf die Suche nach den notwendigen Baustoffen. Und tatsächlich gelang es nahezu alles aus den umliegenden Feldern und Wäldern zusammen zu tragen.

Nur der Isolierschaum ist fremd

Und so sieht das nur 50 Quadratmeter große Wicker House nun aus: Auf schlanken Metallstelzen stehend, bildet die Hütte eine dreieckige Form. Sie weist einen einzigen Raum zum Verweilen und Entspannen auf. Das extrem steile Dach der Hütte besteht aus fünf Schichten: Holz, Isolierschaum, Strukturmetall, Blech und Stroh.

Das vorspringende Element von Wicker House ist mit schwarzem Blech bedeckt, während das Innere mit Holz ummantelt ist. Metall und Blech wurde in der Nähe erworben und erst am Baugrund verarbeitet. Allein für den Isolierschaum konnte kein regionaler Ersatz gefunden werden.

Offensichtlich wichtigster Teil des ungewöhnlichen Objekts: das lange und steile Satteldach. Bei dessen Gestaltung wurde penibel darauf geachtet, Anleihen bei der ländlichen Haustypologie zu nehmen. „Nur so konnten wir garantieren, dass die Hütte in Harmonie mit den ländlichen Häusern aus der Vergangenheit steht“, so die Architekten.

Was das Kind im erwachsenen Bauherrn gewiss freuen wird. Und sicher dabei hilft, manche vielleicht schon fast verblasste Phantasie wieder aufleben zu lassen.

Text: Johannes Stühlinger
Bilder: Parham Taghioff

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