Zusammen wohnen und wachsen
Inmitten der vietnamesischen Gemeinde Hải Hòa steht das Ga.o Haus, das nicht nur bewohnt, sondern auch bewachsen ist. Entworfen vom Architekturstudio Design 85 zeigt dieses Zuhause, wie naturnahes Wohnen in Zukunft aussehen kann.
Neues Lieblingsreiseziel: Vietnam. In kürzester Zeit hat sich das südostasiatische Land zu einer der angesagtesten Destinationen entwickelt. So wurden im ersten Halbjahr 2025 bereits über 10,7 Millionen internationale Besucher gezählt, was einem Plus von über 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Als Grund für die Auswahl der Zieldestination geben Touristen meist die beeindruckenden Strände, einzigartige Landschaften und lebendige Städte an. Dass Nächtigungen und das tägliche Leben zudem noch für westliche Standards durchaus erschwinglich sind, macht Vietnam als Reiseziel umso attraktiver.
Neben bekannten Städten wie Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt locken auch kleinere, versteckte Orte. Etwa 200 Kilometer von Hanoi entfernt liegt die Gemeinde Hải Hòa. Hier findet man den bislang noch weitgehend unbekannten Hải-Hòa-Strand, der mit feinem weißem Sand und einem weiten Blick über den Golf von Tonkin begeistert – ein echter Geheimtipp.
Zwischen kargem Gestrüpp und vereinzelten kleinen Gebäuden liegt hier, als Teil der kleinen tropischen Gemeinde, das Ga.o Haus. Das vietnamesische Architekturbüro Design 85 hat damit ein Projekt realisiert, das sich beim genaueren Hinsehen als wahres Überraschungsei entpuppt.
Grün denken, grün leben
Wer moderne, ländliche Architektur schätzt, ist im Ga.o Haus genau richtig. Das Innenleben wird von natürlichen Materialien bestimmt: Elemente aus Stein und Holz sowie zahlreiche Pflanzen prägen die Räume. Eine offene Holztreppe verbindet die Stockwerke miteinander. Selbst ein hauseigener Wasserfall ziert die Außenwand. Wer hier hereinkommt, taucht in eine ganz eigene Welt ein.
Der Fokus bei der Planung des Ga.o Hauses lag auf Nachhaltigkeit. Überwiegend natürliche und recycelte Materialien sollen den ökologischen Fußabdruck möglichst klein halten. Auch erneuerbare Ressourcen wie Sonne, Wind und Wasser werden optimal genutzt. „Das Projekt spiegelt Vietnams wachsende Verpflichtung zu nachhaltiger Stadtentwicklung wider“, so die Architekten.
Nachhaltigkeit zum Anfassen
Die Umsetzung basiert auf vorgefertigten Stahlrahmen. Diese sind nicht nur flexibel anpassbar, sondern ermöglichen auch eine funktionale Raumaufteilung, die sich bei Bedarf leicht verändern lässt. Zudem fällt beim Bau deutlich weniger Abfall an. „Die bebaute Fläche wurde minimiert, um möglichst viel Freifläche zu schaffen, was die natürliche Belüftung und den Einfall von Tageslicht erleichtert und den Energiebedarf des Gebäudes erheblich senkt“, erklären die Architekten.
Große Fenster schaffen offene, lichtdurchflutete Räume und lassen viel Tageslicht herein. Auf dem Dach befinden sich PV-Anlagen, die laut Architekten jährlich rund 11.000 Kilowattstunden Strom erzeugen. Selbst Regenwasser wird gesammelt und wiederverwendet – ein rundum nachhaltiges Konzept.
Wo Natur einzieht
Im Inneren spiegelt sich der natürliche Gestaltungsansatz wider: Entlang der Wände wachsen üppige Pflanzen, selbst ein kleiner Baum ragt im schmalen Raum in die Höhe. Das Ga.o Haus besteht aus zwei Etagen sowie einem Dachgeschoss und wirkt von außen wie ein in die Höhe gestrecktes Rechteck. Im Erdgeschoss befindet sich ein modernes Büro und sogar eine kleine Bar hat hier Platz. Durch die riesige Fensterfront am Eingang strömt reichlich Tageslicht in den Raum.
Der Mix aus Holz, Stein, Metall und Pflanzen unterstreicht den tropischen Charakter des Hauses. Die Innenwände sind teils mit Naturstein verkleidet, teils begrünt. Eine lange Holztafel nahe dem Eingang wird von einem Baum durchbrochen, auch hier ist ein großer Stein als Designelement in die Tischplatte integriert. Weiter hinten im Raum wird eine weitere Holzplatte von zwei massiven Steinblöcken gehalten.
Mehr als Wohnen
Elemente aus braun lackiertem Stahl, farblich angepasst an die Holzelemente, durchziehen das gesamte Gebäude. Ob Treppe, Regale oder Konstruktion – sie verleihen dem Haus einen weichen, organischen Look. Trotz der drei Etagen wirkt das Ga.o Haus als eine Einheit: Die Räume gehen fließend ineinander über. Ein schmaler Steg mit transparentem Gitterboden verbindet das Büro mit dem gegenüberliegenden Balkon. Daneben plätschert ein Wasserfall, dessen Auffangbecken als Aquarium dient.
Das Büro lässt sich dank Klappbett in ein Schlafzimmer verwandeln. Im Dachgeschoss befindet sich ein weiteres, kleines Schlafzimmer. Eine breite Glasfront eröffnet hier den Blick auf die gegenüberliegende begrünte Wand; eine Dachöffnung liefert natürliches Licht und lässt sich flexibel öffnen oder schließen.
Design 85 hat einen Ort geschaffen, der vielfältig, wandelbar und vor allem zukunftsorientiert ist. „Das Ga.o Haus ist nicht einfach nur eine Kombination aus Wohnen und Arbeiten, sondern ein lebendiges Beispiel für eine grünere architektonische Zukunft. Es spiegelt einen bewussten Designansatz wider, der den Umweltschutz in den Vordergrund stellt und einen bescheidenen, aber bedeutenden Beitrag zur globalen Net-Zero-Bewegung leistet“, so die Architekten.
Text: Katarina Andraschko
Bilder: To Huu Dung