Holz-Hochhaus
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Sydney packt den Holzhammer aus

Die enthüllten Pläne des neuen und 180 Meter hohen Holz-Hochhauses des Software-Riesen Atlassian in Sydney markieren einen Meilenstein für umweltschonendes Bauen mit dem nachwachsenden Rohstoff.

Die Skyline von Sydney ist schon heute beeindruckend und markant. Doch in naher Zukunft wird sie noch um einen echten Hingucker reicher sein: Der Softwareriese Atlassian lässt ein 40 Stockwerke hohes Holz-Hochhaus errichten, das sowohl optisch als auch ökologisch alle Stückerl spielen wird!

180 Meter hohes Holz-Hochhaus

Am beeindruckendsten ist freilich die Tatsache, dass dieser mit seinen 180 Metern ohnehin schon beeindruckende Bau großteils aus Holz gefertigt sein wird! Damit ist jetzt schon klar: Das, was die New Yorker Architekten von SHoP hier entwickelt haben, wird bei seiner Fertigstellung der größte Holzbau der Welt sein.

Holz-Hochhaus
Das imposante Holz-Hochhaus wird den bahnhofsnahen Stadtteil aufwerten.

Aber es geht dem in London beheimateten Auftraggeber-Unternehmen gar nicht so sehr um internationale Superlative. Vielmehr will man mit dem neuen Firmensitz in Australien den Zeichen unserer Zeit Rechnung tragen. Und das nicht bloß in Sachen Umweltschutz, sondern auch auf die aktuelle Corona-Krise bezogen. Der Bau soll für die gesamte Branche zukunftsweisend sein.

Revolution der Baubranche

Davon jedenfalls ist Ninotschka Titchkosky, Co-CEO der realisierenden Firma BVN überzeugt: „Atlassian hat den Blick fest in Richtung Zukunft gerichtet. Dieses Projekt wird nicht nur in Australien sondern weltweit neue Maßstäbe setzen.“

Was heute beim Hochhausbau gängige Praxis ist, soll danach als unzulänglich wahrgenommen werden, führt sie euphorisch weiter aus.

Das von uns verwendete Sperrholz aus Nadelhölzern ist ein unglaublich grünes Material. Es hilft uns dabei, große Mengen an Beton und Stahl zu vermeiden.

Scott Farquhar, Mitgründer von Atlassian.

Aber welche Taten werden nun auf diese hochtrabenden Worte folgen? Fangen wir einfach unten an: An jenem Ort, an dem der in sich verdrehte Turm errichtet wird, befindet sich derzeit ein Hostel sowie ein Paketverteilerzentrum.

Fundament mit Symbolwirkung

Beide Bestandsbauten sollen aber nicht einfach abgerissen, sondern stattdessen revitalisiert und in den Neubau integriert werden. Eine sehr bewusste Entscheidung der Bauherrn die Symbolwirkung hat:

Wir werfen nichts weg!

Auf diesem bereits existierenden Fundament wird infolge der eigentliche Neubau aus Holz und Stahl hochgezogen. Titchkosky dazu: „Die größte Herausforderung bei Holzgebäuden ist der Brandschutz und die strukturelle Belastung. Um diese Probleme zu meistern, wird das Gebäude eben als Hybrid angelegt.“

Das heißt im Klartext: Nur dort, wo es aus statischen und feuerpolizeilichen Überlegungen schlichtweg nicht anders möglich ist, kommen Stahl und Beton zum Einsatz. Und das vorwiegend in Form eines Exoskeletts, das sich außerhalb des Baus um denselben windet.

Holz-Hochhaus

Holz-Hochhaus

Aber eben sämtliche Teile, die aus Holz gefertigt werden können, werden auch daraus gefertigt sein. „Das von uns verwendete Sperrholz aus Nadelhölzern ist ein unglaublich grünes Material. Es hilft uns dabei, große Mengen an Beton und Stahl zu vermeiden“, so Scott Farquhar, Mitgründer von Atlassian.

100% Sonnenstrom

Zudem wird das Mega-Holz-Hochhaus mit speziellen Glasfronten umhüllt sein, die es wahrlich in sich haben: In sie werden Solarpaneele integriert.

Dank des in Sydney vorherrschenden sonnigen Klimas – im Schnitt 300 Sonnentage pro Jahr und acht Sonnenstunden pro Tag – können diese soviel Energie liefern, dass der gesamte Bedarf des riesigen Komplexes gedeckt werden kann.

Vertikaler Kleingartenverein

Außerdem ermöglichen die energiegeladenen Fassadenteile die Integration von modernen Selbstbeschattungs-Anlagen. Diese sperren die Wärme aus, um weniger Energie für das Kühlen der Innenräume zu benötigen.

Das wird übrigens auch durch die wohl offensichtlichste Besonderheit des Holz-Hochhauses unterstützt: Die Gärten, die sich hinter der Fassade um das Gebäude schlängeln. „Jede einzelne Zone wird einen eigenen Gartenbereich haben“, so Titchkosky. Die grüne Krone befindet sich freilich am Dach. Es ist als waschechter Park mit Bäumen, Sträuchern und Wiesen geplant.

Diese Maßnahmen sollen am Ende eine Ökobilanz ergeben, die sich sehen lassen kann: Der fertige Turm wird im Vergleich zu konventionellen Beton- und Stahlkonstruktionen 50 Prozent weniger Kohlenstoff in seiner Konstruktion enthalten. Wenn das Gebäude in Betrieb ist, wird es voraussichtlich 50 Prozent weniger Energie verbrauchen als massiv gebaute Gebäude.

Freiwillige Klimaziele

Damit möchte das Unternehmen seinen selbst gesteckten Nachhaltigkeitszielen einen großen Schritt näherkommen. Man hat sich dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2050 das Ziel der „Netto-Null-Kohlenstoffemissionen“ zu erreichen. Also als gesamtes Unternehmen nicht mehr Kohlenstoff zu erzeugen, als man einspart.

Dahingehend hat Scott Farquhar seine Vision auch eindeutig formuliert: „Wir bauen dieses Holz-Hochhaus nicht für die heutige Welt. Sondern für die Welt von morgen. Für die Zukunft des Arbeitens.“ Damit spielt er nicht nur auf das Thema Nachhaltigkeit an, sondern auch auf die seit Corona neu definierte Form des Arbeitens. Stichwort: Homeoffice.

Garten

Konkret sagt der Firmenchef: „Selbst mit einer in der Stadt verteilten Belegschaft brauchen wir einen Ort, an dem wir zusammenkommen können.“ Er ist davon überzeugt, dass selbst ein noch so modernes Unternehmen einen Ort bieten muss, „der die Mitarbeiter anzieht, damit sie herkommen und beste Arbeit leisten. Dieser Ort ist auch ein Aushängeschild für zukünftige Mitarbeiter.“ Seine logische Schlussfolgerung: „Wir haben die Gelegenheit, das erste Gebäude in Sydney zu bauen, das auf eine neue Art und Weise für eine Belegschaft im Homeoffice entstehen wird.“

Büros nicht in Stockwerken gedacht

Unter anderem deshalb wurde die Verteilung der 4000 Arbeitsplätze nicht in Stockwerken konzipiert, sondern in „Lebensräumen und Nachbarschaften“, wie die Architekten betonen. Jedes Habitat wird somit über einen eigenen Gartensitzplatz verfügen, damit jeder jederzeit Zugang zu einer Freifläche hat. „Der Raum, den wir bauen, wird höchst flexibel sein. Er wird speziell für die Zukunft der Arbeit gedacht“, so die Planer.

Büro
So stellen sich die Architekten die einzelnen Arbeitsbereiche des neuartigen Bürogebäudes vor!

Und auch wenn wir uns heute noch nicht viel unter diesen neu geschaffenen Bedingungen vorstellen können, darf man getrost davon ausgehen, dass hier eine Arbeitsplatz-Revolution wartet. Schließlich ist das dem Software-Riesen Atlassian bereits auf digitaler Ebene gelungen: Sein auch bei uns verbreitetes Projektmanagement-Tool „Trello“ hat die Arbeitswelt von mehr als 25 Millionen Nutzern massiv vereinfacht.

Da fragt man sich natürlich zurecht, was sich die Entwickler für ihren eigenen Arbeitsplatz einfallen haben lassen …

Text: Johannes Stühlinger
Bilder: SHoP/BVN

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