Kengo Kuma, Expo 2025 Osaka, Katar Pavillon
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Jede Menge Öko-Baukunst

Die diesjährige Expo in Osaka könnte auch als Werkschau Kengo Kumas durchgehen. Der Großmeister der Holzbaukunst ist gleich mit vier Bauwerken vertreten. Vom strohgedeckten Zukunftsmarkt bis hin zum gewebten Bambus-Pavillon.

Das Strohdach ist, ebenso wie das Holz, in der japanischen Baukultur tief verankert. Bereits in der Jōmon-Zeit, die vor rund 14.000 Jahren begann, lebten die Menschen unter Dächern aus Schilf, Gras oder anderem Pflanzenmaterial. Es spielte eine wichtige Rolle im jahreszeitlichen Rhythmus der Satoyama. Das sind traditionell gepflegte Ökosysteme am Land, die vom Menschen geschaffene Kulturlandschaften in die natürlichen Lebensräumen von Tieren und Pflanzen integrierten. Ein symbiotischer Ansatz, der eine hohe Biodiversität und einen nachhaltigen Lebensstil der japanischen Bevölkerung sicherte. War das Schilfdach über Jahrtausende die am meisten verbreitete Bauweise, so fand sie nach dem Zweiten Weltkrieg ein abruptes Ende.

Expo 2025 Osaka, Earth Mart, Kengo Kuma, Strohdach
Mit dem Strohdach-Pavillon wollte das Team von Kengo Kuma ein Zeichen setzen.

„Wer heute ein Haus mit Strohdach bauen will, hat große Schwierigkeiten, geeignete Dachdecker zu finden. Wir wollten daher den Fokus auf diese Situation lenken, die Satoyama-Kultur wiederbeleben und die fortschreitende Zerstörung dieser vielfältigen Landschaften aufhalten“, erklärt das Büro Kengo Kuma & Associates die Idee hinter dem Pavillon Earth Mart, den es gemeinsam mit dem japanischen Schriftsteller Kundō Koyama für die Expo 2025 in Osaka entwickelt hat.

Zirkuläre Bau- und Esskultur

Das Schilf und Gras für den Pavillon stammt von fünf unterschiedlichen Orten in Japan und wurde, ähnlich wie bei einem anderen Bauprojekt des Büros, in Ballen angeordnet. Auf diese Weise könne das Material nach der Expo wiederverwendet werden. 

Expo 2025 Osaka, Pavillon Katar, Kengo Kuma
Kengo Kuma gilt als Großmeister der Holzbaukunst, was auch auf der Expo 2025 in Osaka zu bestaunen ist.

„Ausgedientes Dachstroh wird seit der Jōmon-Zeit als Futter- und Düngemittel eingesetzt und mit den Strohballen für Earth Mart wollten wir dieses alte Wissen über ökologische Nachhaltigkeit mit dem Rest der Welt teilen“, heißt es vonseiten Kengo Kumas.

Mit den Strohballen für Earth Mart wollten wir dieses alte Wissen über ökologische Nachhaltigkeit mit dem Rest der Welt teilen.

Kengo Kuma & Associates, Architekturbüro

So zirkulär wie bei der Struktur des Pavillons geht es auch in der Ausstellung im Inneren zu. Hier liegt der Schwerpunkt auf den Produktionszyklen von Lebensmitteln sowie auf der Entwicklung der japanischen Esskultur. Besucherinnen und Besucher können dabei erkunden, wie sich durch die eigenen Essgewohnheiten die Zukunft des Planeten positiv beeinflussen lässt.

Aus Bambus gewebt

Besonders handwerklich wird es beim malaysischen Pavillon der diesjährigen Expo, für den ebenfalls das Büro Kengo Kuma verantwortlich zeichnet. Die textil anmutende Bambusfassade nimmt Anleihen an den traditionellen malaysischen Songket-Stoffen. 

Expo 2025 Osaka, Pavillon Malaysia, Kengo Kuma, Bambus
Für den malaysischen Pavillon setzte das Büro Kengo Kumas auf eine Bambus-Fassade, die einer traditionellen Webtechnik nachempfunden ist.

Bei dieser dekorativen Webtechnik werden Gold- oder Silberfäden in den Grundstoff eingewebt, um reliefartige Muster zu kreieren. Die UNESCO hat sie mittlerweile als Immaterielles Kulturerbe anerkannt.

Die Fassade besteht aus knapp 5.000 Bambusstäben, die man mithilfe digitaler Entwurfsmethoden zusammenfügte. Die dadurch entstehende Hülle filtert das Tageslicht und sorgt für eine Stimmung im Inneren, die „dem offenen und kräftigen Licht von Malaysia“ ähnelt. Mit der Struktur wollte man auch das multikulturelle Geflecht des Landes abbilden: „Basierend auf dem Thema des Webens haben wir die Landschaft Malaysias zum Ausdruck gebracht, in der sich verschiedene ethnische, religiöse, soziale und kulturelle Gruppen überschneiden“, erklären die Planer. 
Die Verwendung von Bambus als Baumaterial sei deshalb entscheidend gewesen, da es sich um ein natürliches Material handelt, das sowohl in Malaysia als auch in Japan tief verwurzelt ist.

Expo 2025 Osaka, Pavillon Malaysia, Kengo Kuma, Bambus
Für Kengo Kuma gilt der schnell wachsende Bambus als „Material der Zukunft“.

Abgesehen davon zählt das Riesengras zu den am schnellsten nachwachsenden Pflanzen der Welt, das für die Dekarbonisierung des Bausektors künftig eine bedeutende Rolle spielen könnte. Nicht umsonst hat Kuma es einst als „Material der Zukunft“ beschrieben.

Unter den Schiffstauen

Für den portugiesischen Pavillon berief sich das Designteam von Kengo Kuma auf die enge Verbindung zum Ozean, die der Seefahrernation einst unter anderem die Entdeckung der Kaproute einbrachte. Sie waren außerdem die ersten Europäer, die 1543 auf chinesischen Dschunken Japan erreichten und damit die Öffnung des Inselstaates anstießen. „Wir wollten einen Pavillon schaffen, der diese Verbindung widerspiegelt und die Besucher die Präsenz des Meeres spüren lässt“, wie es in der Projektbeschreibung heißt.

Wir wollten einen Pavillon schaffen, der diese Verbindung widerspiegelt und die Besucher die Präsenz des Meeres spüren lässt.

Kengo Kuma & Associates, Architekturbüro

Expo 2025 Osaka, Pavillon Portugal, Kengo Kuma, Schiffstaue
Um das Meer architektonisch darzustellen, schufen die Planer für den portugiesischen Pavillon eine raumfüllende Installation aus Schiffstauen.

Um das Meer architektonisch darzustellen, schufen die Planer von Kengo Kuma keine Form, wie sie sagen, sondern einen Ort, „der die physische Erfahrung des Meeres erlebbar macht“. Das Licht wird von einem Arrangement an Schiffstauen unterschiedlicher Stärke gefiltert. Je nach Wind und Wetter ergibt sich eine Bewegung der Leinen und die raumfüllende Installation erwacht zum Leben.

Ein Schiff wird kommen

Zu guter Letzt ist da noch der Ausstellungspavillon von Katar, für den sich Kengo Kumas Team dieselbe Inspiration holte wie die libanesische Architektin Lina Ghotmeh, die für den Inselstaat Bahrain im Einsatz war. Beide Teams berufen sich auf den traditionellen Segelschiffstyp Dau, der im gesamten arabischen Raum verwurzelt ist. Auch wenn beide Pavillons aus Holz gebaut sind, so unterscheiden sie sich jedoch grundlegend in der Formgebung und Umsetzung. 

Expo 2025 Osaka, Pavillon Katar, Kengo Kuma
Für den katarischen Pavillon ließ Kengo Kuma die Segel hissen.

Der katarische Expo-Bau besteht aus einer Holzkonstruktion, die von einer weißen Membran bedeckt ist. „Die Membran bläht sich wie ein Segel im Wind. Eine Reihe symbolischer Bögen zum Boden hin lässt eine Art Promenade entstehen, die an islamische Gestaltungsmerkmale angelehnt ist“, so das Büro. 

Text: Gertraud Gerst
Fotos: Katsumasa Tanaka, Iwan Baan, Tuğçe Arı, Kengo Kuma & Associates

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