Ein Heim aus Holz und Handwerk
Der renommierte australische Architekt John Wardle hat die Kew Residence, sein Einfamilienhaus in Melbourne, neugestaltet – und mit viel Holzhandwerk einen Ort geschaffen, der „das Leben und die Leidenschaft“ zelebriert.
In Kew, einem Vorort von Melbourne, lässt es sich gut leben. Der Stadtteil ist Anziehungspunkt für die wohlhabende Bevölkerung der australischen Metropole, dementsprechend schossen in Kew die Grundstückspreise in den letzten Jahren in die Höhe. Wer hier schon länger ein Eigenheim besitzt, kann sich also glücklich schätzen – so wie John Wardle, Gründer des gleichnamigen Architekturbüros. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert lebt der renommierte Architekt hier bereits mit seiner Familie; wobei diese sich seit dem Auszug der mittlerweile erwachsenen Kinder auf seine Ehefrau Susan und ihn reduziert hat.
Grund genug für John Wardle, die Kew Residence einer Umgestaltung zu unterziehen. Nicht die erste übrigens. Wardle hat sein Eigenheim in den vergangenen Jahren bereits zwei Mal neugestaltet. Es bleibt abzuwarten, ob die aktuelle dritte Erneuerung nun die letzte sein wird.
Aufgrund des nunmehr gestiegenen Platzangebots in dem zweistöckigen Wohnhaus bot sich die Gelegenheit, einerseits Rückzugsräume, andererseits Platz für geselliges Beisammensein zu schaffen. Zudem legte Wardle besonderen Fokus auf das Interieur: Handgefertigte Möbel und Accessoires sowie exklusive Tischlerarbeiten spiegeln im Zusammenspiel mit der umfangreichen Kunstsammlung des Hausbesitzers „Individualität und Überraschung“ wider, so der Architekt.
Hommage mit Raffinesse
Boden, Wände und Decke aus Holz des Riesen-Eukalyptus bieten den Rahmen für ein großzügiges Arbeitszimmer mit Blick auf den üppig bepflanzten Garten samt drei alten Bergulmen. Wardles Keramiksammlung auf einer Seite des Raumes harmoniert dabei perfekt mit den Bücherregalen auf der anderen. Die hölzerne Sitzbank neben der Bücherwand ist im übrigen eine Hommage an den Fensterplatz im Fisher House von Louis Kahn – ein Favorit des Hausbesitzers seit seinen Studientagen, wie er erklärt.
Sämtliche Holzarbeiten im Haus wurden von John Wardle entworfen und von einem Handwerker-Team umgesetzt. Dabei ging es dem Architekten nicht nur um Funktionalität: Die Möbel zeichnen sich auch durch Raffinesse aus. Neben verdeckten Schiebepaneelen und eingearbeiteten Türgriffen gibt es im Haus auch zahlreiche versteckte Schränke und Regale.
Raffiniert ist auch jene Wand im Erdgeschoss, an der einige von John Wardles Kunstwerken hängen. Ein spezielles Aufhängesystem mit eingelassenen Dübeln ermöglichen eine einfache und flexible Anordnung der Bilder.
Toilette mit Einzelstücken
Im Gegensatz zum ansonsten verlegten Eukalyptusholz wählte man für die Wände der offenen Küche dunkle, konkave japanische Fliesen. Die Arbeitsplatten wiederum bestehen aus Quarzstein. Küchenregale aus Damast-Stahl und Rauchglas sowie Einbauschränke in dunklen Grautönen runden den Raum ab.
Außergewöhnliche Fliesen wurden auch auf der neuen Gästetoilette im Erdgeschoss verlegt: Die glasierten, handgefertigten Stücke aus dem japanischen Taijimi wurden speziell für die Kew Residence angefertigt und stellen aufgrund ihrer Einzigartigkeit ein Highlight der Neugestaltung des Hauses dar.
Familienhaus mit Seele
Anders als bei den vorherigen Renovierungen wurde das Haus diesmal bis auf die Grundmauern zurückgebaut, um die Wärmedämmung aller Wände, Böden und Decken zu verbessern. Alle Fenster wurden mit Isolierglas und Doppelverglasung ausgestattet, alle Türen und Paneele mit neuen Dichtungen versehen. Zudem verbindet nun ein Aufzug alle Etagen.
„Die Gestaltung der Kew Residence ist ein Essay über durchdachte Funktionalität, liebevolle Details und handwerkliche Verarbeitung“, so John Wardle. „Sie zeigt, wie ein Familienhaus das Leben und die Leidenschaften seiner Bewohner heute und in Zukunft würdigen kann.“
Text: Michi Reichelt
Bilder: Trevor Mein, Sharyn Cairns