In Reykjavik entsteht mit Kringlan ein neues Wohnviertel, das nicht nur Natur und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellt. Denn der Fokus des Projekts von Henning Larsen Architects liegt insbesondere auf sozialer Interaktion.

Kringla ist nicht unbedingt der attraktivste Stadtteil Reykjaviks: Umgeben von ein paar Schnellstraßen befinden sich hier neben einigen funktionalen Unternehmensgebäuden sowie dem größten Einkaufszentrum der isländischen Hauptstadt diverse schmucklose Ein- und Mehrparteienhäuser, teilweise eingebettet in ebenso unspektakuläre Grünflächen.

Rendering Kringlan
Wo vorher ein Zeitungsverlag beheimatet war, entsteht nun ein neues Wohnviertel.

Umso mehr lässt daher die Idee aufhorchen, ausgerechnet hier eines der innovativsten Wohnprojekte Islands umzusetzen. Geht es nach den Verantwortlichen von Henning Larsen Architects, soll Kringlan – so der Name des Projekts – die brachliegende Gegend in ein florierendes neues Viertel verwandeln. „Die Gestaltung von Kringlan baut auf seiner Geschichte auf“, heißt es offiziell seitens des Architekturbüros mit Hauptsitz in Kopenhagen. „Inspiriert von der architektonischen Identität Reykjaviks und geprägt vom lokalen Klima, umfasst der Entwurf ein Gleichgewicht zwischen Funktionalität und Ästhetik.“

Divers, sozial, kulturell

Auf 48.299 Quadratmetern soll nun in der nördlichsten Hauptstadt der Welt ein grünes, autofreies Wohnviertel entstehen, in dem neben Natur und Nachhaltigkeit insbesondere der Gemeinschaftsgedanke ganz oben steht. Kringlan ist als „Patchwork von Wohntypologien“ konzipiert, das sowohl eine Vielfalt an Strukturen als auch an Bewohnern schafft. So umfasst das Design Häuser mit Schräg- und Flachdächern, unregelmäßige Gebäudeformen sowie Materialien unterschiedlicher Art – von Holz über Beton bis hin zu Stahl und Glas.

Winteransicht
Diverse Wohntypologien prägen Kringlans Erscheinungsbild.

Kringlan Hauptplatz
Im wahrsten Sinne des Wortes ein Zentrum des Viertels: Das Kulturhaus – die ehemalige Druckerei.

Im wahrsten Sinne des Wortes als Mittelpunkt dient dabei ein alter Zeitungsverlag, der zum Kulturzentrum umgebaut wird. Während der ehemalige Büroteil des Verlagsgebäudes nicht mehr zu retten ist, wird die frühere Druckerei nicht abgerissen, sondern neugestaltet. Sie bildet künftig das Herzstück des Zentrums.

„Das neue Kulturhaus ist der Anker des Viertels und stärkt durch den Erhalt der alten Druckerei dessen historische Identität“, so Henning Larsen Architects.

Mit Kringlan sahen wir eine Möglichkeit, das grüne Erbe Reykjaviks wiederzubeleben und gleichzeitig Räume zu schaffen, die das alltägliche Gemeinschaftsleben fördern.

Sofia Lundeholm, Associate Design Director, Henning Larsen Architects

Eine offene und einladende Gestaltung des Erdgeschosses soll dafür sorgen, dass das Kulturhaus ein integrativer Bestandteil des umgebenden Straßenbildes wird.  Vor dem Gebäude erstreckt sich ein öffentlicher Platz – ein Treffpunkt für Einheimische und Besucher und eine Bühne für Veranstaltungen jeglicher Art. Von saisonalen Märkten über Freiluftaufführungen bis hin zu Ausstellungen – das Programm soll zwischen dem Kulturzentrum und dem Platz „hin und her fließen“ und damit die Nachbarschaft beleben.

Grüne Gemeinschaft

Kringlans Fokus auf Nachhaltigkeit drückt sich nicht nur dadurch aus, dass das Baumaterial der abgerissenen Gebäude für die Neubauten wiederverwendet wird. Auch die Gestaltung zeichnet das neue Viertel aus: Wildblumen, Sträucher und in Island beheimatete Bäume prägen das Bild und sorgen ganzjährig für eine grüne Umgebung.

Kringlan, Henning Larsen Architects
Die Natur steht nicht nur im Fokus des Projekts, sie ist ein wesentlicher Teil davon.

Zentrale Innenhöfe und Hochbeete ziehen in weiterer Folge das Grün im öffentlichen Raum bis direkt an die Wohnhäuser. Die Architekten führten vorab Wind- und Sonnenstudien durch, um die optimale Platzierung der Gebäude und der Pflanzen zu bestimmen. Das Ziel: bestmögliches Mikroklima in den Straßen und Höfen. Rücksprünge und unregelmäßig angeordnete Gebäude tragen nun dazu bei, Windbelastung und Lärm zu reduzieren. Zudem wird mit der optimieren Ausrichtung die natürliche Lichteinstrahlung maximiert.

Mit Obstbäumen, Beeren und essbaren Pflanzen rückt man nicht zuletzt die Bedeutung der gemeinsamen Nutzung von Ressourcen in den Vordergrund und stärkt damit die Kringlan-Gemeinschaft weiter. Darüber hinaus ermöglichen Gewächshäuser den Bewohnern den Gemüseanbau, das Ausrichten von gemeinsamen Abendessen sowie die Organisation von Veranstaltungen.

Kringlan Plan
Kringlan. Eine Insel der Lebens- und Aufenthaltsqualität.

Begrünte Straße
Begrünte Gassen als Treffpunkt – und als Puffer zu den Wohnhäusern.

Schmale, begrünte Gassen bilden einen Puffer zu den Wohngebieten und schaffen so ein Gleichgewicht zwischen öffentlichem Raum und privatem Bereich. Die Gassen selbst sind dabei flexibel nutzbar. Sie bieten Platz für alle sozialen Interaktionen, vom spontanen nachbarschaftlichen Treffen bis hin zu größeren öffentlichen Veranstaltungen wie Floh- oder Weihnachtsmärkten.

„Die Identität Reykjaviks ist eng mit seiner Verbindung zur Natur verknüpft“, so Sofia Lundeholm, Associate Design Director bei Henning Larsen. „Mit Kringlan sahen wir eine Möglichkeit, das grüne Erbe Reykjaviks wiederzubeleben und gleichzeitig Räume zu schaffen, die das alltägliche Gemeinschaftsleben fördern“.

Text: Michi Reichelt
Bilder: Henning Larsen Architects

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