Wo die Orchideen blühen
Die Singapore Botanic Gardens sind nicht nur UNESCO-Weltkulturerbe. Sie beheimaten mit dem National Orchid Garden auch ein architektonisches Vorzeigeprojekt: Das Zuhause von über 1.000 Orchideenarten wurde jüngst von Henning Larsen und CPG Consultants Pte Ltd umgestaltet.
Innerhalb der Blumenwelt sind Orchideen wahre Überlebenskünstler. Ob auf Felsen, in der Erde oder hoch oben auf Bäumen, sie passen sich nahezu jeder Umgebung an. In vielen Kulturen sind sie zudem das Symbol für Schönheit, für Fruchtbarkeit oder Luxus. Ihre Vielfalt fasziniert, ihre Symbolik berührt. Kein Wunder also, dass Singapur diesen ganz besonderen Pflanzen ein eigenes Gartenreich gewidmet hat.
Der National Orchid Garden befindet sich in der einzigen Stätte der Republik Singapur, die als UNESCO-Weltkulturerbe gilt: im Botanischen Garten der Stadt. Dieser wurde bereits 1859 unter der britischen Kolonialherrschaft angelegt. Heute trägt er mit über 10.000 Pflanzenarten, darunter viele seltene und bedrohte, wesentlich zur Biodiversitätsforschung und -erhaltung bei. Und im integrierten National Orchid Garden ebenm erfreuen mehr als 1.000 Orchideenarten und über 2.000 Hybriden die Besucher. Kurz: Bei dem Garten handelt es sich um eine der größten Orchideensammlungen der Welt.
Das Landschaftsdesign dieses Projekts wuchs organisch, wie das Leben, das es beheimatet – ähnlich wie die exotischen Pflanzen und Orchideen, mit denen wir arbeiteten.
Jia Xin Chum Associate Director von Henning Larsen.
Darauf nahm auch die kürzlich finalisierte Neugestaltung von Henning Larsen und CPG Consultants Pte Ltd Bezug. Sie setzt Forschung, Zucht und Erhaltung der Orchideen sogar ins Zentrum der Gestaltung.
Immer weiter wachsen
Der National Orchid Garden erstreckt sich insgesamt über eine Fläche von 3,2 Hektar für rund 500.000 Besucher jährlich. Das neue Areal entwickelte das Landschaftsarchitekturbüro nach dem Vorbild eines Organismus: aus dem Terrain und der bestehenden Vegetation heraus. „Das Landschaftsdesign dieses Projekts wuchs organisch, wie das Leben, das es beheimatet – ähnlich wie die exotischen Pflanzen und Orchideen, mit denen wir arbeiteten“, erzählt Jia Xin Chum, Associate Director von Henning Larsen.
Man passte das Design demnach auch der Landschaft und dem Gelände an, wobei zusätzlich das Thema der Barrierefreiheit im Fokus stand. So wurden auf dem teils abschüssigen Areal kaum Stufen integriert. Um alle Sinne der Besucher zu bespielen, entwarf das Architekturteam neue Wasserläufe, Nebelzonen und eine eigene Klangkulisse, die die sensorische Orientierung unterstützt.
Durch die Kontinente wandern
Auf dem Gelände gibt es drei Ausstellungsgebäude: die Yuen Peng-McNiece Bromeliad Collection, das Tan Hoon Siang Mist House und das Sembcorp Cool House. Verbunden werden die Glashäuser durch die Secret Ravine, ein Weg, der durch Nadelbäume, Farne und seltenen Orchideenarten führt.
Jedes der drei Gebäude wurde flächenmäßig erweitert. In der Yuen Peng-McNiece Bromeliad Collection sind Pflanzen ausgestellt, die man im Wald auf 650 bis 1.000 Meter Höhe in Mittel- und Südamerika findet. So wachsen hier mehr als hundert neotropische Orchideen und Orchideenhybriden, aber auch andere Pflanzen wie die Ananas. Im Tan Hoon Siang Mist House wiederrum gedeihen jene Pflanzen, die auf 650 bis 1.000 Meter Höhe in Afrika, Asien und Ozeanien zuhause sind. Darunter preisgekrönte Orchideen aus der Sammlung des National Orchid Garden. Und zuletzt das Sembcorp Cool House mit einer Innentemperatur zwischen 16 und 23 Grad. Hier sind Pflanzen in Höhenlagen von 1000 bis 2000 Metern aus Asien untergebracht.
Um das Mikroklima hoch gelegener Bergwälder nachzubilden, wurde ein spezielles Luftsystem entwickelt und installiert. Es sorgt für eine niedrige Luftfeuchtigkeit und reduziert gleichzeitig den Energieverbrauch um rund 30 Prozent. Ergänzt wird das System durch ein innovatives Bewässerungskonzept, das nicht nur als visuelles Highlight, sondern auch als Wegweiser durch die Zonen dient.
Zentraler Bestandteil ist ein Kühlsystem, das Regenwasser sammelt und zur Bewässerung der Pflanzen nutzt. Dazu kommen eine thematische Bodenschichtung sowie ein Bodenkühlsystem, die gemeinsam den Wasserhaushalt optimieren. So wird sichergestellt, dass die unterschiedlichen ökologischen Ansprüche der Orchideen und der anderen Pflanzen berücksichtigt werden.
Text: Resi Reiner
Fotos: Finbarr Fallon, Timothy A. Gonsalves