Oculis
#stadtplanung

Zehn Türme für Thessaloniki

Die griechische Hafenstadt Thessaloniki überrascht mit einem gigantischen Stadtentwicklungsprojekt namens Oculis. Zehn röhrenförmige Türme sollen der Stadt ein neues Gesicht geben.

Schöne und typische griechische Steinmauern schlängeln sich durch die Stadt. Zwischendurch erheben sich gut erhaltene alte Wachtürme aus dem Stadtbild. Und an dem dem Meer zugewandten Stadtrand lässt es sich zwischen Hafen und Villenviertel wunderbar an einer Promenade am Wasser entlangspazieren.

Oculis und die (zu) spektakuläre Optik

Wenig verwunderlich, dass Thessaloniki ein begehrtes Urlaubsziel für jene ist, die gerne am Meer weilen aber dennoch etwas Urbanität suchen. Denn die Größe der Stadt ist mit etwas über einer Million Einwohner irgendwie angenehm groß und nicht unangenehm riesig.

Aber eben dieser Umstand macht die Sache mit Oculis zu einer überraschenden Angelegenheit. Unter diesem Namen firmiert der kürzlich bekannt gewordene Entwurf, der griechischen Hafenstadt ein neues Gesicht zu geben.

Auf den Punkt gebracht: Zehn gigantische Türme sollen direkt hinter dem großen Hafen eine Art Tor zur Stadt bilden. Zugegeben, die organisch anmutenden Objekte sind allein schon in ihrer Optik spektakulär. Ob sie aber der alten Stadt auch wirklich stehen, darf getrost kritisch hinterfragt werden.

Oculis
DIE STADT
Thessaloniki

Fläche: 19,31 km²
Stadtgebiet: 111,7 km²
Bevölkerung: 1,105 Millionen
Bürgermeister: Konstantinos Zervas

Bevor wir uns den zehn Türmen widmen, versuchen wir aber erst einmal zu verstehen, wie in der Stadt am Meer dieses Mega-Projekt – bis dato zumindest am Papier – entstehen konnte. Die Stadtverwaltung von Thessaloniki hat aktiv einen internationalen Wettbewerb ausgerufen, um das Hafenviertel der Stadt neu zu gestalten.

Der Aufruf forderte konkret innovative Ideen für die Entwicklung der westlichen Küstenseite der griechischen Stadt. Außerdem sollte die Schaffung eines neuen zentralen Geschäftsviertels mitgedacht werden. Die an die Teilnehmer kommunizierten Kriterien verlangten eine hohe Energieeffizienz und viele nachhaltige Aspekte.

Entwurf soll Stadt neues Antlitz verleihen

Damit sollte „die Position von Thessaloniki auf der internationalen Landkarte neu definiert werden und gleichzeitig Bürger und Unternehmer auf besondere Art und Weise willkommen heißen“, heißt es in der Ausschreibung.

Also haben sich OF.STUDIO mit Degree Zero Architects zusammengetan und miteinander wahrlich große Pläne für die nicht ganz so große Stadt geschmiedet. Oculis, eben.

„Der Entwurf besteht aus zehn markanten Türmen, die das neue zentrale Geschäftsviertel am Eingang der Stadt hervorheben sollen“, so die Projektentwickler. Dass dies in Anbetracht der spektakulären Optik gelungen ist, steht außer Frage. Gleichzeitig aber wirkt das neu entwickelte Areal auch ein bisschen als Trennlinie zwischen Stadt und Hafen.

Oculis

Das aber dürfte wohl durchaus gewollt sein. Schließlich sprechen die Architekten ganz bewusst und nicht ohne Stolz von einem überdimensionalen „Podium“, das die zehn Türme von Oculis buchstäblich zusammenhält: „Dabei handelt es sich um ein Podest, das die unteren Ebenen von Oculis als fließende und lebendige Zone mit breitem Angebot zusammenhält“, sagen sie.

Ein Podest das trennt und eint

So sollen die angrenzenden Stadtviertel und Ufer zwar voneinander getrennt, aber gleichzeitig an manchen Stellen bewusst miteinander verbunden werden. „Durch eine bewusst geplante Abfolge von öffentlichen Plätzen zwischen den einzelnen Türmen öffnen sich immer wieder verbindende Elemente zur Stadt. Gleichzeitig werden die jeweiligen Parks und Grünanalagen von Oculis durch öffentliche Gehwege miteinander verbunden.“

Hafen soll integriert werden

Damit wolle man eine „grüne Pufferzone von natürlicher Schönheit und Vitalität“ zwischen Stadt und Handelshafen schaffen. Um die Bebauung mit dem Wasser zu verbinden, ohne den Betrieb des Handelshafens zu unterbrechen, sollen zudem die Wasserbuchten zum Gelände hin erweitert werden. Außerdem sollen Teile des bestehenden Hafens baulich genutzt werden, um diese möglichst logisch in das Gesamtbild zu integrieren, heißt es.

Oculis

Jedenfalls aber bildet dieses Podium buchstäblich ein Podest, auf dem die zehn Türme thronen sollen. „Ihr Design soll eine ikonische Skyline am Eingang von Thessaloniki bilden, um den neuen Central Business District der Stadt hervorzuheben“, sagen die Architekten.  Die Türme selbst sind allesamt als in den Himmel wachsende Röhren geplant. Jedem sollen eigene Aufgaben zugeteilt werden. So wäre für jeden jederzeit klar, welcher Turm was zu bieten hat, sagen die Planer.

Jeder Turm hat seine Aufgabe

Das bedeutet: Während der eine Turm nur Wohneinheiten beinhaltet, wird der nächste zu einem Büro-Tower und ein anderer zu einer Shopping Mall. Man kann fast meinen, dass in Oculis einfach Stadtteile nicht in die Horizontale sondern in die Vertikale entwickelt werden sollen (Wie etwa diese „Vertikale Stadt„).

Vor allem aber seien die Röhrenformen besonders von Vorteil, wenn es darum geht, Belüftung und Sonneneinfall intelligent für das jeweilige Raumklima zu nutzen. Überhängende aber begrünte Dächer wiederum sollen Schatten spenden, wo es wichtig ist.

Oculis

Verbunden werden diese senkrechten Stadtviertel über begrünte Rampenflächen. Diese würden eine fließende und kontinuierliche Landschaft erzeugen, die es Fußgängern und Radfahrern ermöglicht, sich ungehindert zu bewegen.

Fazit:

Der Entwurf von Oculis sieht zwar wirklich spektakulär aus, er wirkt jedoch ein bisschen wie aus einem Science-Fiction-Film. Zumal man der Stadt einfach nicht abnimmt, sich in diese surreal wirkende Zukunftswelt entwickeln zu wollen.

Text: Johannes Stühlinger
Bilder: OF Studio; Degree Zero Architects; Cosmoscube

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