Eine Perle im Gewerbegebiet
Was macht ein ikonischer Holzbau im vorstädtischen Hoheitsgebiet der Trapezblech-Fassaden? Der Showroom des Möbelherstellers Ophelis ist von seiner Umgebung gänzlich abgekoppelt und schafft in seinem Inneren eine atmosphärische, biophile Erlebniswelt.
Egal, ob Thonet, Vitra, Walter Knoll oder Rolf Benz – ein repräsentativer Showroom ist für Möbelhersteller das A und O der Vermarktungsstrategie. Während die einen auf hochfrequentierte Auslagen in den High Streets der Metropolen setzen, erschaffen andere eigene Destinationen, wie den Vitra Campus. Dieser umfasst das Who is Who der Architekturgeschichte, mit Bauwerken von Frank Gehry bis Zaha Hadid, und zählt seit den 1990er-Jahren zu den touristischen Highlights der Region Basel. Eine andere Strategie verfolgt Ophelis, ein deutscher Möbelhersteller, der die New-Work-Eldorados unserer Zeit mit funktionalem Chic und Feel-Good-Landschaften ausstattet.
Er setzte mit seinem neuen Showroom einen Holzbau mit äußerst elegantem Tragwerk ins Gewerbegebiet von Bad Schönborn, südlich von Heidelberg.
Mitten drin und außen vor
Wer schon einmal durch ein Gewerbegebiet gefahren ist – denn für Fußgänger sind diese Orte der Peripherie meist nicht erschlossen –, der weiß, dass dort architektonisch nicht sehr viel zu erwarten ist. Es ist das Reich der stilbefreiten Zweckmäßigkeit, in der triste Trapezblech-Hallen oft schon den Ansprüchen genügen. Es ist das Reich der endlosen Asphaltflächen, deren gemeinsame Einheit die Parkfläche ist.
Der mit einem umlaufenden Oberlichtband diffus belichtete Schulungs- und Ausstellungsraum schließt bewusst das städtebauliche Umfeld aus und schafft eine eigene artifizielle Innenwelt.
Ludloff Ludloff Architekten
Anstatt diese Umgebung jenseits der Baukultur miteinzubeziehen, ließ das Berliner Büro Ludloff Ludloff Architekten das Gewerbegebiet in seinem Entwurf außen vor.
„Der mit einem umlaufenden Oberlichtband diffus belichtete Schulungs- und Ausstellungsraum schließt bewusst das städtebauliche Umfeld aus und schafft eine eigene artifizielle Innenwelt“, heißt es in der Projektbeschreibung.
Ist das behutsame Einbetten eines Gebäudes in den urbanen Kontext für gewöhnlich die Pflicht von Architekturschaffenden, so hat man ihn im Fall des Ophelis Showrooms zugunsten der ablenkungsfreien Ausstellungsfläche ausgeblendet. Beim Eintritt über die langsam ansteigende Rampe, die in einen „langgestreckten konischen Raum mündet“, tut sich somit eine Welt auf, die gänzlich abgekoppelt ist vom Rest.
Möbel im stilisierten Wald
Auch wenn die Planerinnen und Planer diese Welt als „artifiziell“ bezeichnen, so schafft der prägnante Holzbau ein biophiles Raumgefühl, wie man es sonst selten findet.
Sieben Y-förmige Holzstützen tragen die Decke, die einen 910 Quadratmeter großen Raum überspannt. Strahlenförmig angeordnete Holzrippen verstärken die Brettsperrholzdecke zu einer mehrachsig gespannten Deckenkonstruktion. Eleganter kann man Lasten eigentlich nicht abtragen.
Punktuell angeordnete Oberlichter werfen schattiges Licht durch diese künstlichen Baumkronen.
Ludloff Ludloff Architekten
Diese kreative Tragwerkslösung spart zudem Material ein und erweckt den Eindruck von Bäumen, deren Äste in einander greifen. „Punktuell angeordnete Oberlichter werfen schattiges Licht durch diese künstlichen Baumkronen, es entsteht eine Innenwelt, die bewusst Assoziationen zu Naturräumen wach ruft.“
Homogene Holzlandschaft
Die Wände, die in Holzständerbauweise gefertigt sind, haben durch ihre abgerundeten Ecken und die vertikale Holzlattung ausgewiesenen Möbelcharakter.
Die Holzleisten sind, ebenso wie alle anderen Holzoberflächen, weiß lasiert, was eine homogene Landschaft entstehen lässt. Die Lattenverkleidung ist darüber hinaus auch akustisch wirksam und sorgt dafür, dass es in der Halle nicht hallt.
Der Möbelhersteller Ophelis wünschte sich nicht nur moderne Ausstellungsflächen, es sollten zugleich auch Arbeitsplätze für Mitarbeiter und neue Besprechungsmöglichkeiten entstehen. Der größte der drei Konferenzräume ist in die Halle integriert, während die beiden anderen in einem flachgedeckten Anbau an der Nordseite untergebracht sind, wo sich auch eine Teeküche und Sanitäranlagen befinden.
Eine atmosphärische Kulisse
Der Neubau befindet sich am südöstlichen Ende des Firmengeländes, in direkter Nähe zum Verwaltungsbau und den Produktionshallen. Auch das geschäftige Treiben, das Produktion und Logistik mit sich bringen, sollte im Inneren des neuen Showrooms nicht zu spüren sein.
In der strengen Abschirmung zur Außenwelt gleicht das Gebäude einem Museumsbau, mit dem Unterschied, dass sich die Architektur hier in ihrer eigenen Sprache manifestieren und mit den ausgestellten Möbeln interagieren kann. „Nicht in einem ‚white cube‘, sondern vor diesem ‚atmosphärischen Hintergrund‘ werden die Kollektionen für unsere zukünftigen Arbeits- und Lebenswelten präsentiert“, erklären Ludloff Ludloff Architekten die Idee dahinter.
Die Ausstellungshalle von Ophelis wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Hugo Häring Preis und dem Best Architects Award. Wen es also nach Bad Schönborn verschlägt, der kann dort eine architektonische Perle entdecken. Mitten im Gewerbegebiet.
Text: Gertraud Gerst
Fotos: Jan Bitter