So rau und wild wie die Landschaft, in der es steht, ist das Saltviga Haus an der norwegischen Küste. Dahinter steht jedoch ein innovatives und nachhaltiges Projekt von Kolman Boye Architects, bei dem Holzabfälle als Baumaterial genutzt wurden.

Mit einer Länge von fast 250 und einer durchschnittlichen Breite von mehr als 100 Kilometern trennt die Meerenge Skagerrak den Süden Norwegens vom Norden Dänemarks. Bekannt für seine raue See, seinen Fischreichtum und seine beeindruckenden Küstengebiete ist dieser Teil der Nordsee ein Paradies für all jene, die Wildromantik und unverfälschte Naturgewalten statt Sandstrände und Meerwasser mit Badewannentemperatur suchen. So wie eine vierköpfige norwegische Familie.

Skagerrak-Küste
Das Saltviga Haus liegt auf einem felsigen Waldgrundstück an der Nordsee-Küste im Südosten Norwegens.

Sie beauftragte Kolman Boye Architects mit der Neugestaltung ihres Feriendomizils. Ein Haus direkt am Meer, gelegen auf einem felsigen Waldgrundstück in der Bucht von Saltviga an der norwegischen Skagerrakküste. Nachdem der ursprüngliche Plan, das bereits bestehende Ferienhaus zu renovieren, verworfen worden war, wurde dieses abgerissen und ein komplett neues Projekt geschaffen. Neu in mehrfacher Hinsicht.

Resteverwertung

Das schwedische Architekturbüro, 2013 von Erik Kolman Janouch and Victor Boye Julebäk gegründet, ging beim Entwurf einen innovativen und überaus nachhaltigen Weg. Man wählte als Baumaterial für das Saltviga Haus Holzreste. „Wir fanden eine sinnvolle Möglichkeit, Restmaterial, das sonst als Brennholz verwendet worden wäre, wiederzuverwerten“, so das Studio. „Holzverschnitt sieht nicht nur wirklich schön aus, sondern enthält auch kaum CO₂. Wir konnten also eine Alternative zu den üblichen kohlenstoffreichen Materialien anbieten.“

Terrassen im Saltivga Haus
Das Haus besteht aus zwei Flügeln auf fünf unterschiedlichen Niveaus.

Glasfront
12.000 Holzverschnittstücke wurden für den Bau verwendet.

In Zusammenarbeit mit dem dänischen Unternehmen Dinesen, das sich auf die Errichtung von maßgeschneiderten Holzfußböden spezialisiert hat, wurden insgesamt 12.000 Verschnittstücke aus Eichen- und Douglasienholz zugeschnitten, vorgebohrt und mit Teer vorbehandelt. Vor Ort schließlich setzte man die einzelnen Elemente zusammen und befestigte sie mit mehr als 20.000 Edelstahlschrauben. „Die Produktion und Montage benötigten das geballte Wissen aller Beteiligten: der Tischler, der Schreiner und des Lieferanten“, erläutern Kolman Boye. Das weithin sichtbare Ergebnis: Eine witterungsbeständige, robuste Hausverkleidung.

Anschmiegsam

Und auch im Inneren spielt Holzverschnitt die Hauptrolle. Unter anderem die Küchenfronten bestehen ebenfalls aus Resten der Dinesen-Fußböden. Hier dominiert allerdings die Douglasie. Während draußen die Eichenfassade mit der Zeit verwittert und eine silbergraue Schattierung annimmt (die sich dann perfekt in die umgebende Schiefer- und Granitlandschaft einfügt), ist die innere Douglasienverkleidung in einem etwas wärmeren, helleren Farbton gehalten. Die neutralen Estrichböden ergänzen die Farbgebung stimmig.

Wohnbereich
Die Fassade wurde mit Eichenholz-Resten verkleidet. Im Inneren dominiert die hellere Douglasie.

Der Neubau wurde auf dem z-förmigen Grundriss des zuvor abgetragenen Gebäudes errichtet. Kolman Boye achteten dabei darauf, den Impact auf die Natur so gering wie möglich zu halten. Das Feriendomizil sollte sich dem Gelände anpassen – und nicht umgekehrt. Somit besteht das Saltviga Haus aus drei Volumen: Zwei Hauptflügeln und einem gläsernen Verbindungsflur. Aufgeteilt auf insgesamt fünf unterschiedliche Niveaus, schmiegt sich das Haus geradezu in die Landschaft, wie die Architekten es ausdrücken.

Anschmiegsam

In einem Flügel des Gebäudes befinden sich die große Wohn-Essküche. Im anderen drei Schlafzimmer, ein Badezimmer, ein Dachboden und ein kleiner Aufenthaltsraum. Die hohen Giebeldächer sorgen für eine ganz besondere Atmosphäre in den Wohnräumen; im Zusammenspiel mit den großzügigen Fenstern schaffen sie ein Gefühl von Weite und Größe. Zudem kann der Ausblick auf das Meer und die umgebende Landschaft von überall genossen werden. Zahlreiche Terrassen rund um das Haus ermöglichen es darüber hinaus, auch die minimalste Sonnenstrahlung im Freien zu nutzen; Holzöfen schaffen drinnen wiederum an kalten Tagen eine gemütliche Stimmung,

Kolman Boye Architects : Saltviga Haus Plan
Die beiden Hausflügeln sind mit einem gläsernen Flur verbunden.

Große Fensterfronten und hohe Räume schaffen ein Gefühl von Größte und Weite.

„Durch die Kombination veredelter Holzreste mit einer Neubewertung historischer Bauformen stellt das Saltviga Haus eine moderne, ressourcenschonende Architektur dar“, so das Architektenteam abschließend. „Wir müssen uns nämlich bewusst sein, dass wir Materialien nicht endlos zur Verfügung haben, sondern dass Ressourcen knapp sind. Deshalb müssen wir sie langfristig – und auf möglichst schöne Weise – nutzen.“

Text: Michi Reichelt
Bilder: Johan Dehlin

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