„Intelligenz rein, Material raus“
In den Düsseldorfer Medienhafen zieht langsam der moderne Holzbau ein, mit dem Timber Port als jüngstem Beispiel. Der zuständige Tragwerksplaner Konrad Merz erklärt, warum auch beim Naturbaustoff gilt: weniger ist mehr.
Der Düsseldorfer Rheinhafen hat sich in den vergangenen 30 Jahren zu einem neuen Büro- und Gewerbestandort entwickelt. Aber nicht nur das. Der Mix aus historischer und moderner Architektur hat das Stadtgebiet längst auch zu einer Destination für Architektur-Liebhaber gemacht. Die Riege an Star-Architekten, die dem Medienhafen ihren Stempel aufgedrückt haben, ist lang und reicht von David Chipperfield, Renzo Piano und William Alsop bis Frank Gehry. Zu den meistfotografierten Bauwerken zählen zweifellos Gehrys aus der Hafenkante wachsende Türme im Neuen Zollhof, die seit 1999 als Wahrzeichen des modernen Düsseldorfs gelten. Nach diesen organischen Formen halten mittlerweile auch die organischen Materialien Einzug in das Hafengelände. Zum kreislauffähigen Bürogebäude The Cradle gesellt sich nun ein weiteres Holz-Hybrid-Hochhaus namens Timber Port, dem soeben von offizieller Seite die Baugenehmigung erteilt wurde.
Die Bauherrschaft für den achtgeschossigen Büroneubau trägt UBM Development, Entwurf und Planung kommen vom Düsseldorfer Büro slapa oberholz pszczulny | sop architekten. An der Holzstraße 12, gut 500 Meter Luftlinie von den Gehry-Bauten entfernt, sollen demnächst die Bauarbeiten beginnen.
Ressourceneffizienter Holzbau
Timber Port kommt als einseitig abgestufter Kubus mit rational gegliederter Fassade daher. Dabei teilt sich die Fassadengestaltung in eine untere und eine obere Hälfte. „Dezente Lisenen akzentuieren die mit vorgehängten Elementen veredelte Fassade“, heißt es vonseiten der Architekten.
Im Gegensatz zu The Cradle wird man dem Timber Port die CO2-freundliche Holz-Bauweise von außen nicht ansehen. Hinter der Fassade steckt eine Holzkonstruktion, die nur an wenigen Stellen durch Stahl und Beton ausgesteift wird.
Das Ziel sollte sein, mit möglichst wenig Holz die CO2-intensiven Baumaterialien zu ersetzen.
Konrad Merz, Tragwerksplaner
„Intelligenz rein, Material raus“ war das Motto der auf Holz spezialisierten Tragwerksplaner von merz kley partner, die auch beim Naturbaustoff für einen sparsamen Einsatz plädieren. „Das Ziel sollte nicht sein, per se möglichst viel CO2 in Form von verbautem Holz zu speichern, sondern mit möglichst wenig Holz die CO2-intensiven Baumaterialien zu ersetzen“, erklärt der zuständige Tragwerksplaner Konrad Merz.
Keine Kopie des Stahlbetonbaus
Die Visualisierungen des Bauprojektes zeigen Bürolandschaften, die von viel Tageslicht und natürlichen Holzoberflächen geprägt sind.
Dass die Tragstruktur des Timber Port im Inneren sichtbar bleibt, war dem Bauingenieur ein besonderes Anliegen. „Wir sollten im Holzbau nicht den Stahlbetonbau kopieren, wo Stützen und verkleidete Flachdecken die Standardlösung darstellen“, so Merz.
„Das kann der Holzbau zwar auch, aber lange nicht so kosteneffizient wie der Beton. Wir bevorzugen daher Lösungen, bei denen die Holzkonstruktion gleichzeitig auch Teil des Ausbaus oder der Gebäudehülle ist. Durch additives Fügen versuchen wir eine gute Integration der Haustechnik und eine Erleichterung beim späteren Rückbau zu ermöglichen.“
Wir sollten im Holzbau nicht den Stahlbetonbau kopieren.
Konrad Merz, Tragwerksplaner
Eine Verkleidung des Holztragwerks wäre auch schade, da die klimaregulierende Wirkung des Holzes dann nicht zum Tragen kommt.
Mittlerweile gilt es als wissenschaftlich erwiesen, dass Holz nicht nur das Raumklima positiv beeinflusst, sondern auch Kreativität, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden der Nutzerinnen und Nutzer.
Standard Effizienzhaus 40
Auch die übrige Materialauswahl ist laut Architekturbüro an den zirkulären Ansatz angelehnt. Im Idealfall werden beim zirkulären Bauen alle verwendeten Materialien nach dem Abriss eines Gebäudes recycelt und wiederverwendet. Dazu muss bereits bei der Planung auf eine sortenreine Verwendung von Baustoffen geachtet werden.
Für das Bauprojekt im Medienhafen strebt man eine DGNB-Zertifizierung in Gold an. Durch eine hohe Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energien will man auch einen nachhaltigen Betrieb der Nutzflächen sicherstellen.
Das Bürogebäude ist außerdem als Standard Effizienzhaus 40 (EG 40) klassifiziert und damit zu entsprechenden Förderungen berechtigt. Dieser Standard besagt, dass es nur 40 Prozent der Primärenergie verbraucht, die ein Gebäude in herkömmlicher Bauweise benötigt.
Eine Branche denkt um
Dass der Holzbau mittlerweile in der Mitte des Düsseldorfer Medienhafens angekommen ist, kommt einer Zäsur gleich. Ging es früher primär darum, mit einem kreativen Mix aus historischem Bestand und moderner Architektur möglichst viele Unternehmen aus der Medienbranche anzulocken, rückt in Zeiten von EU-Taxonomie und Klimazielen das nachhaltige Bauen in den Vordergrund.
„Holzbau war lange Jahre ein Nischenplayer und wurde von viele Architekten und institutionellen Bauherrn als Konstruktionsmaterial nicht ernst genommen“, sagt Merz. Das habe sich in der letzten Dekade schlagartig verändert. „Die Gründe dafür sind bekannt. Der Timber Port im Medienhafen ist ein weiteres Beispiel für dieses Umdenken.“
Text: Gertraud Gerst
Visualisierungen: UBM Development
Foto: pixabay