Das Touching Eden House von Wallflower Architecture + Design ist ein poetischer – und nachhaltiger – Beitrag zur tropischen Architektur Südostasiens. Es ist ein Haus, das mit der Natur lebt und nicht gegen sie. Und das mitten in Singapur.

Das Touching Eden House von Wallflower Architecture + Design ist mehr als nur ein Wohnhaus – es ist eine poetische Hommage an die tropische Natur Singapurs. Der Insel- und Stadtstaat in Südostasien liegt vor der Südspitze der Malaiischen Halbinsel. Auf der Inselgruppe herrscht also aufgrund der Äquatornähe „Tropisches Regenwaldklima“ beziehungsweise „Feuchttropisches Klima“.

Das bedeutet, Singapur hat im Grunde nur zwei Wetterlagen: Entweder scheint die Sonne und es ist heiß, oder es ist heiß und regnet. Und das wiederum bedeutet eine entsprechend üppige Vegetation. Mit fast sechs Millionen Einwohnern, die sich auf einer Fläche von 728,6 Quadratkilometern verteilen, ist Singapur der bevölkerungsreichste Zwergstaat der Erde.

Touching Eden House
Trotz seiner städtischen Lage kann man nicht umhin, im gesamten Touching Eden House mit der Natur zu interagieren.

Aber zahlreiche riesige Grünflächen verschaffen den Singapurern Atempausen und Erholung. Dazu zählen der Chinesische Garten, der Regenwalddschungel von Bikit Timah oder der Queen Elizabeth Walk. Und der sehr sehenswerte Botanische Garten, natürlich.

Touching Eden House: „Biophiler Pavillon“

An den Rand des Botanischen Gartens schmiegt sich das Grundstück, auf dem das Touching Eden House steht. Das Haus verschmilzt regelrecht mit seiner grünen Umgebung und „feiert“ nachgerade die üppige Vegetation. Es übersetzt die Idee eines „biophilen Pavillons“ in eine zeitgenössische, urbane Architektur.

Touching Eden House
Der Block folgt dem langgestreckten Grundstück, das auf der Straßenseite vom Pool begrenzt wird.

Touching Eden House
Üppiges Grün wohin das Auge reicht. Eine wahre Oase inmitten der Metropole Singapur.

Das Touching Eden House, den Namen könnte man mit „wo man dem Garten Eden nahe ist“ übersetzen, ist von einer grob strukturierten Steinmauer begrenzt. Diese wölbt sich nach innen, um auf ein Tor zu treffen, das dasselbe geometrische Muster aufweist, wie die Fassade dahinter.

Gitterschirm mit vielen Funktionen

Diese markante Gitterfassade fällt ins Auge. Sie umhüllt das Haus wie ein feines Gewebe. Der strukturierte Holzraster wurde so konzipiert, dass er sowohl funktional als auch ästhetisch wirkt: Es schafft Privatsphäre, fördert das Pflanzenwachstum und wirft ein wechselndes Spiel aus Licht und Schatten auf die dahinterliegenden Wände.

Dieses Holzgitter ist ein wenig von den Hauptaußenwänden, die größtenteils verglast sind, nach vor versetzt. In die so entstehende Lücke, hat das Wallflower Studio Bäume und eine Reihe von einheimischen Pflanzen gesetzt. Das Wohnhaus wird so regelrecht mit „Grün“ abgeschirmt.

Dieser Schirm besteht aus einem Metallrahmen und Accoya-Holz, einem nachhaltigen Material, das durch ein als Acetylierung bekanntes Verfahren hergestellt wird. Das Rohholz wird dadurch haltbarer und wasserbeständiger.

Innen und Außen sind organisch verwoben

Die Holzelemente können in zwölf möglichen Winkeln zueinander angeordnet werden und sind von klassischen Gartenlauben inspiriert.

Touching Eden House
Die grob strukturierte Steinmauer wölbt sich nach innen. Das Tor spiegelt das geometrische Muster der Fassade dahinter.

„Diese Variabilität ermöglicht die Schaffung von schrägen Flächen, die das Sonnenlicht zu verschiedenen Tageszeiten einfangen, einzigartige Schatten werfen und das dynamische Lichtspiel während des Tages verstärken“, führt Robin Tan, Mitbegründer des Studios aus.

Ziel war es, Innen- und Außenräume organisch zu verweben. So ganz nebenbei erfüllt der „Paravent“ wesentliche weitere Funktionen: Er stützt Schlingpflanzen, spendet Schutz vor der intensiven Ost-West-Sonne und dient als thermische Barriere zwischen dem Haus und der Außenwelt.

Hitze- und Lärmschutz

Die überhängenden Schlingpflanzen mildern die Kanten des Gebäudes ab. Sie verringern die Wärmebelastung und tragen ebenfalls zu mehr Privatsphäre bei. Und so ganz nebenbei werden mit der umsichtigen Planung auch die offensichtlichen Mängel des Grundstücks abgemildert: Denn an der Längsseite verläuft die viel befahrene Straße – das Haus war daher sowohl dem Fahrzeug- als auch dem Fußgängerverkehr und -lärm ausgesetzt.

Touching Eden House
Die Möbel im Touching Eden House stammen größtenteils von der italienischen Marke Giorgetti.

Touching Eden House
Wie bei einem Gartenpavillon werden die Räume von Glasschiebetüren umschlossen und wechseln sich mit Innenhöfen, offenen Terrassen und Dachgärten ab.

Das Haus erhebt sich auf einer leicht erhöhten Plattform, geschützt durch ein weit auskragendes Dach. Die erste Ebene enthält offene Wohnbereiche, zwei Küchen, ein Esszimmer und einen zum Garten hin offenen Wohnraum mit hellem Mobiliar und Marmorboden. Von hier aus führt der Blick ungehindert auf einen großzügigen Swimmingpool und einen Gartenpavillon – visuell verbunden mit dem Botanischen Garten dahinter. Diese sorgfältige Ausrichtung macht die Natur zum eigentlichen Protagonisten des Hauses.

Zentrales „architektonisches Rückgrat“ ist ein vertikaler Erschließungskern mit Holztreppe und Aufzug, der von einer geschwungenen Gitterwand ummantelt ist. In den oberen Stockwerken teilen sich die Räume in zwei Flügel: Auf der einen Seite befinden sich Kinderzimmer, auf der anderen das Hauptschlafzimmer sowie ein Familienzimmer. Große Fensterfronten öffnen die Räume zu den begrünten Terrassen, die das Gebäude auf mehreren Ebenen umlaufen.

Naturnahes Wohnen auf allen Ebenen

Der Name Touching Eden ist Programm: Überall im Haus spürt man die intensive Auseinandersetzung mit Natur und Nachhaltigkeit. Das Projekt folgt konsequent biophilen Prinzipien: Innenräume bieten ungehinderte Ausblicke ins Grüne. Materialien wie Holz, Travertin – poröser Kalkstein, der optisch an Marmor erinnert – und Marmor erzeugen eine warme, erdverbundene Atmosphäre. Die zurückhaltende Farbpalette in Braun-, Grau- und Schwarztönen sorgt für ruhige Eleganz, ohne steril zu wirken.

Der Fitness-Raum im Obergeschoß, mit verspiegelter Wand. Die Unterseite des Daches wurde mit burmesischem Holz verkleidet, um ein kohärentes, von der Natur inspiriertes System zu schaffen.

Auch auf der oberen Etage setzt sich das Thema fort: Ein lichtdurchflutetes Arbeitszimmer und ein Fitnessraum mit Blick auf die Baumkronen schaffen einen Rückzugsort, der intellektuelle und körperliche Aktivitäten mit landschaftlicher Weite verbindet. Die Dachterrassen sind ebenfalls begrünt, sodass das Haus aus der Vogelperspektive wie ein natürlicher Bestandteil der Umgebung erscheint.

Statement für nachhaltige Stadtarchitektur

Das Touching Eden House wurde nicht nur als privates Refugium, sondern auch als architektonisches Statement für nachhaltige Stadtentwicklung konzipiert. Der Bauherr, Meir Homes, unter der Leitung von Sebestian Soh, verfolgte die Vision eines Hauses mit Seele – einer Synthese aus Natur, Handwerk und hochwertiger Architektur.

Wir wollen Häuser bauen, die nicht nur Strukturen sind, sondern eine Seele haben; Häuser, in denen wir selbst leben würden.

Sebastian Soh, Meir Homes

Soh entwickelte das Konzept in enger Zusammenarbeit mit Wallflower Architects weiter, ließ sich von europäischen Designtraditionen inspirieren und legte besonderen Wert auf Materialqualität, passive Kühlung und energieeffiziente Technologien wie Solarenergie und Regenwassernutzung.

Vom Baum der Erkenntnis genascht

Nicht zufällig hat das Touching Eden House sowohl lokale als auch internationale Auszeichnungen erhalten. So wurde es mit dem Merit Award bei den Singapore Institute of Architects Architectural Design Awards 2024 bedacht. Und es wurde als erstes privates Wohnhaus Singapurs beim World Architecture Festival ausgezeichnet.

Es steht sinnbildlich für einen Paradigmenwechsel im Umgang mit urbanem Wohnraum. So als hätte man sprichwörtlich vom Baum der Erkenntnis gegessen: Statt die Natur zurückzudrängen, wird sie in den Baukörper integriert und erweitert. Die Architektur versteht sich dabei nicht als Fremdkörper, sondern als Ergänzung zur Landschaft – ein Pavillon, der den Rhythmus des Gartens aufnimmt und sich in die Biodiversität des Botanischen Gartens einfügt.

Landschaft als „Lebenspartner“

Das Landschaftsarchitekturbüro Salad Dressing kuratierte einheimische Pflanzenarten aus dem benachbarten Botanischen Garten, um die natürliche Vegetation des Grundstücks bewusst zu spiegeln.

Touching Eden House
Architektonisches Rückgrat ist ein vertikaler Erschließungskern mit Holztreppe und Aufzug.

Touching Eden House
Warme, erdverbundene Atmosphäre, danke Materialien wie Holz, Travertin und Marmor.

Zarte Kletterpflanzen, niedrige Sträucher und blühende Arten umspielen die Fassaden, während große Bäume den Außenraum strukturieren. Diese grüne Rahmung unterstützt nicht nur das Mikroklima, sondern fördert auch eine tiefe, sinnliche Beziehung zwischen Bewohnern und Natur.

Visuelles Gleichgewicht

Freigelegte Stahlträger und große Glasfenster umschließen den Sockel des Gebäudes. Sie bieten so Abwechslung zum dominierenden Thema Natur.

Schiebetüren aus Glas in voller Höhe verbinden Innen- und Außenräume nahtlos. Frische Luft, Vogelgesang und das Rascheln der Blätter werden zu täglichen Begleitern der Bewohner des Touching Eden House im Alltag.

So entsteht ein Wohngefühl, das weit über Komfort und Ästhetik hinausgeht – es ist ein atmosphärisches Gesamterlebnis, das Körper und Geist gleichermaßen anspricht. „Eden symbolisiert einen Ort von natürlicher Schönheit, Harmonie mit der Natur und Ruhe. „Touching“ vermittelt ein Gefühl von sanfter Interaktion, einen Moment der Verbundenheit mit allem, das Streben nach einer Art Idealzustand.

Text: Linda Benkö
Fotos: Finbarr Fallon

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