Die Brücke am Fluss
Mit der Traunbrücke in Oberösterreich besinnt man sich auf die regionale Baukultur und schafft ein neues Naturerlebnis am Fluss. Die überdachte Holzfachwerk-Konstruktion erinnert an ihre mittelalterlichen Vorgänger und ist Teil eines nachhaltigen Mobilitätskonzepts.
Seit dem Hochmittelalter führte in der oberösterreichischen Stadt Wels eine Holzbrücke über die Traun, einem rechten Nebenfluss der Donau. Im Laufe der Jahrhunderte wurde sie immer wieder durch Hochwasser und Angriffe beschädigt. Im Zuge der Industrialisierung ersetzte man sie 1901 schließlich durch ein Stahltragwerk, getragen von mächtigen Granitsteinquadern. Sie verbindet bis heute die Ortsgebiete von Thalheim und Wels. Seit letztem Jahr laufen die Arbeiten für eine neue Brücke über die Traun, die Wels für Fußgänger und Radfahrer mit der Gemeinde Schleißheim verbinden wird.
Brückenbau als Kulturauftrag
Das Besondere an der neuen Traunbrücke ist ihre Fachwerkkonstruktion aus Holz, die über die gesamte Länge überdacht ist. In ihrer Form ähnelt sie dabei den typischen mittelalterlichen Brücken, die mit einem durchgehenden Dach vor Witterungseinflüssen geschützt waren. Damit ist das neue Mobilitätsprojekt in der Region eine Hommage an die Baukultur.
Die Brücke bietet durch die vier kleinen Aussichtsplattformen unterschiedlichste Blickwinkel zum Erkunden der Umgebung.
Schimetta Consult Ziviltechniker GmbH
Viel mehr als bloß eine Verbindung von A nach B zu schaffen, wird der Brückenbau auch als Kulturauftrag verstanden. Denn Brücken verbinden Orte und Menschen miteinander, und die sorgsame Einbettung der Architektur in die landschaftsräumlichen Zusammenhänge schafft Identität. Der neue Traunübergang ist ein architektonisches Bindeglied, das mit den integrierten Aussichtspunkten auch zwischen Mensch und Natur vermittelt.
Der Entwurf stammt von Schimetta Consult Ziviltechniker GmbH, die dazu schreibt: „Die Brücke bietet durch die vier kleinen Aussichtsplattformen unterschiedlichste Blickwinkel zum Erkunden der Umgebung. Durch abwechselnd öffnende und schließende Außenverkleidung ergeben sich vielfältige Eindrücke.“ Es ist also auch ein Ort, der zum Verweilen anregt und Möglichkeiten der Interaktion schafft.
Nachhaltiges Mobilitätsprojekt
Durch den Holzbau-Boom der letzten Jahre und die hochentwickelten Werkstoffe, werden heute auch Brücken wieder vermehrt in Holzbauweise errichtet. „Die Lösung mit der Holzbrücke hat sich letztendlich gegenüber den beiden Varianten aus wetterfestem Baustahl beziehungsweise Aluminium durchgesetzt“, heißt es von der Welser Stadtverwaltung.
Unter den wichtigsten Planungskriterien nennt man schließlich auch die Nachhaltigkeit an erster Stelle, und „diese ist bei der Holzvariante am meisten gegeben“. Den Fußgängerinnen und Radfahrern verschafft die Brücke ein besonderes Naturerlebnis am Fluss. Durch die Besinnung der Planer auf die Wurzeln des Brückenbaus wird sie zum Bindeglied zwischen gestern und heute.
Die Lösung mit der Holzbrücke hat sich letztendlich gegenüber den beiden Varianten aus wetterfestem Baustahl beziehungsweise Aluminium durchgesetzt.
Stadtverwaltung Wels
Mit der Holzbaubrücke schließt man außerdem eine Lücke im Radwegenetz und schafft eine regionale Nord-Süd-Verbindung. „Zudem hat der geplante neue Traunübergang große Bedeutung für die Entwicklung eines tragfähigen Mobilitätsnetzes im nachhaltigen Verkehr“, heißt es weiter.
Hybridkonstruktion aus Stahl und Lärchenholz
Das Tragwerk ist eine Hybridlösung und besteht aus drei Segmenten, die von der Firma Dreihans komplett vorgefertigt und mittels Sondertransporten angeliefert wurden. Die 40 Meter langen Bauteile transportierte man anschließend über Pontons zu den Pfeilern und Auflagern. Insgesamt besteht die Konstruktion aus 400 Kubikmeter Lärchenholz und 65 Tonnen Stahl.
Vom Design her mutet die Struktur mit ihrer Außenlattung sehr zeitgemäß an, mit einem leicht fernöstlichen Anklang. Die horizontalen Brüstungsstreben werden von einer vertikalen Lattung überlagert, die sich dynamisch hebt und senkt. „Die seitlichen Verkleidungen werden farblich vom Rest der Konstruktion abgehoben und werden so als eigenständige Gestaltungselemente wahrgenommen“, erklären die Planer.
Die konstruktiv durch das Dach gut geschützte Holzbrücke könnte Jahrhunderte überdauern. Bleibt zu hoffen, dass sie auch künftige Flutkatastrophen gut übersteht.
Text: Gertraud Gerst
Fotos: Stadt Wels, SIHGA