„Casa Fly“ baut aufs echte Mallorca (Bild: Tomeu Canyellas)
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„Casa Fly“ baut aufs echte Mallorca

Das slowakische Büro Beef Architekti hat auf Mallorca eine schöne Villa aus Stein und Holz gebaut: Die „Casa Fly“ zeigt, dass sich die traditionelle Baukunst der Insel zeitgemäß anwenden lässt – und wie geschickt sie das lokale Klima zum Energiesparen nützt.

Vieles, das in vergangenen Jahrzehnten auf Mallorca errichtet wurde, könnte der Tradition der Baleareninsel gar nicht ferner sein. Beef Architektis Villa „Casa Fly“ hingegen zollt der mallorquinischen Baukunst Respekt.

Effiziente Schönheit

Traditionelle Elemente wurden zeitgemäß wiederverwendet und mit einem simplen Energieeffizienzkonzept verbunden. Letzteres basiert auf natürlicher Belüftung und den wärmespeichernden Eigenschaften massiver Mauern. Kurz gesagt: Die Villa passt nicht nur famos zur ursprünglichen Schönheit der Insel, sondern auch zu deren mediterranem Klima.

„Casa Fly“: Altbewährte Baukunst, zeitgemäß reanimiert. (Bild: Tomeu Canyellas)
„Casa Fly“: Altbewährte Baukunst, zeitgemäß reanimiert.

Fragt man Fans der Baleareninsel, was sie immer wieder dorthin zieht, bekommt man unterschiedlichste Antworten zu hören. Ein Highlight, das in der breiten Palette zwischen „Strandurlaub“ und „Nachtleben“ kaum Nennung findet, ist Mallorcas traditionelle Architektur. Dabei ist diese tatsächlich ebenso markant wie interessant. Von malerischen alten Städtchen zu hübschen Fincas: Hier dominieren Trockenbauweise und die Materialien Stein und Holz. Und ein Stil, der seit jeher das Gesicht des Eilands prägt.

Eingehende Recherche

Das Team des slowakischen Architekturstudios Beef Architekti nahm sich die Zeit, tief in die Grundlagen des inseltypischen Bauhandwerks einzutauchen: „Wir kamen als ahnungslose Besucher, die Schritt für Schritt lernten, wie man das mediterrane Gebiet mit Respekt für die einheimische Architektur betritt“. 

„Casa Fly“ baut aufs echte Mallorca (Bild: Tomeu Canyellas)

„Casa Fly“ baut aufs echte Mallorca (Bild: Tomeu Canyellas)

Die vor Ort gewonnenen Erkenntnisse bestimmten den Entwurf der 2020 fertiggestellten Villa „Casa Fly“: Die Architekten verwendeten traditionelle Techniken und Materialien. Zum Beispiel Steine aus einem örtlichen Steinbruch.

Alte Bautechnik

Die Steinfassade basiert auf einem klassichen Design, das überall auf der Insel als Zaun oder Stützmauer zu finden ist. Gebaut wird es nach der alten „Pedra en sec“ Methode. Diese Trockenmauertechnik wurde 2018 von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe erklärt.

Massive Steinmauern halten die „Casa Fly“ im Sommer kühl und speichern im Winter Wärme. (Bild: Tomeu Canyellas)
Massive Steinmauern halten die „Casa Fly“ im Sommer kühl und speichern im Winter Wärme.

Die Bautechnik „Pedra en sec“ hat eine lange Geschichte. So findet man etwa Beispiele in den Navetas. Dabei handelt es sich um auf der Baleareninsel Menorca bekannte Grabanlagen aus der Zeit von 1130 bis 820 vor Christus.

Auch die dickwandigen, Talayots genannten Steintürme der prähistorischen Talayot-Kultur wurden in dieser Großsteinbauweise errichtet: Nach Form und Größe aufeinander gelegte Steine werden durch die Schwerkraft zusammengehalten. Ganz ohne Mörtel oder ähnliches Fugenmaterial.

Im Sommer kühl, im Winter warm

Durch ihre Steinfassade bekommt die „Casa Fly“ ihren besonderen Look, der sich – anders als viele Hotelanlagen und Luxusvillen – harmonisch ins Bild des „echten“ Mallorca  einfügt. Außerdem tragen die massiven Mauern dazu bei, das Haus im Sommer kühl zu halten. Und sie können im Winter Wärme speichern. 

Effizient, lokaltypisch und schön: Die faltbaren Holzfensterläden der „Casa Fly“. (Bild: Tomeu Canyellas)
Effizient, lokaltypisch und schön: Die faltbaren Holzfensterläden und …

Effizient, lokaltypisch und schön: Die nach innen versetzten Fenster der von Beef Architekti designten „Casa Fly“. (Bild: Tomeu Canyellas)
… nach innen versetzten Fenster der von Beef Architekti designten Villa.

Die zweistöckige, 402 Quadratmeter umfassende Villa würdigt die örtlichen Gegebenheiten auch auf andere Art: „Casa Fly“ verfügt über eine Reihe natürlicher Beschattungs- und Belüftungssysteme. So wurden etwa die Fenster zwecks Beschattung ins Innere der Struktur geschoben. Faltbare Holzfensterläden dienen als weiterer natürlicher Hitzeschutz. Und sie spiegeln die Fassaden typisch mallorquinischer Häuser wider. 

Lichtspiele und frische Luft

Schmale vertikale Lamellen sorgen für ein zartes Schattenspiel im Innenraum, das die traditionelle Atmosphäre ergänzt. Zudem ermöglichen die Zwischenräume der Lamellen Luftzirkulation, auch wenn die Fensterläden geschlossen sind.

„Casa Fly“ baut aufs echte Mallorca (Bild: Tomeu Canyellas)

„Casa Fly“ baut aufs echte Mallorca (Bild: Tomeu Canyellas)

Beef Architektis Design setzt auf natürliche Belüftung, die je nach Bedarf lokal oder im gesamten Haus genutzt werden kann. Durch verschiedene Fensteröffnungen in jedem Stockwerk strömt frische Luft durch die „Casa Fly“. Und zwar bis zu den Oberlichtern, die für vertikale und horizontale Belüftung sorgen.

Holz, Stein & Beton

Die Steinfassade fließt in Kombination mit dem Kalkputz („Estuco de cal“) kontinuierlich in den Innenraum. Dazu erklärt das Architektenteam: „Unsere Absicht war es, den Hintergrund des Interieurs moderat zu halten. So, dass die maßgefertigten Einrichtungsgegenstände zur Geltung kommen“. Die dominierenden Materialien der „Casa Fly“ sind Holz, lokaler Stein und Beton. Und jedes spielt in der Gestaltung eine spezifische Rolle. 

Das Interieur der „Casa Fly“ wartet mit authentischen Highlights auf. (Bild: Tomeu Canyellas)

Im Inneren der Villa warten extravagante Design-Highlights. Holzlamellen neben der Treppe bilden vertikale Achsen, die fast wie „das Skelett“ des Hauses wirken.

Kunsthandwerk ziert die „Casa Fly“

Eine Gruppe handgefertigter Keramik-Pendelleuchten über dem Esstisch gibt dem Raum besonderes Flair. Und eine abstrakte Engelsstatue aus Bronze ziert die Eingangshalle.

Holzlamellen neben der Treppe wirken wie das Skelett der „Casa Fly“. (Bild: Tomeu Canyellas)

Das Interieur der „Casa Fly“ wartet mit handverlesenen Highlights auf. (Bild: Tomeu Canyellas)

Umgebung und Lage der „Casa Fly“ bieten auf jeder Ebene unterschiedliche Ausblicke. Auf der untersten Etage wähnt man sich visuell mit dem unendlichen Meer verbunden.

Grandiose Aussichten

Vom oberen Stockwerk aus hingegen kann man durch die Lücke zwischen dem abfallenden Gelände und den Kiefernwipfeln die nachts schön beleuchtete Stadt betrachten. Auch die Aussicht auf den Infinity-Pool, dessen Wasser mit Meer und Horizont verschmilzt, fasziniert.

„Casa Fly“ baut aufs echte Mallorca (Bild: Tomeu Canyellas)

Dass die „Casa Fly“ ihren Nutzern derart besondere Momente beschert, ist auch Beef Architektis lokalen Partnern zu danken. Dazu zählen 3de3 arquitectes, „About Living“ Projektmanagement und das Bauunternehmen Grupo Ferrá. Für die Tischlerarbeiten zeichnet Nadal mobiliari verantwortlich. Und die Gartengestaltung oblag Mallorca Eden Jardin.

„Casa Fly“ baut aufs echte Mallorca (Bild: Tomeu Canyellas)

„Casa Fly“ baut aufs echte Mallorca (Bild: Tomeu Canyellas)

Häuser und Villen nach dem Muster lokaler Traditionen zu bauen, wird zusehends zum Trend. Mit gutem Grund – und nicht allein um der ursprünglichen Schönheit Willen. Denn viele Elemente über Jahrhunderte entwickelter Baukunst machen in Zeiten bedrohlichen Klimawandels wieder mehr Sinn denn je.

Zeitgemäß genutzte Tradition

Dies beweist etwa auch Architekt Phillip Mathiesons wunderschönes, weißes Haus an der Costa Brava. Und die, von Pedevilla Architekten entworfene, hochalpine „ciAsa Aqua Bad Cortina“ geriet gar zu Südtirols erstem Klimahaus der Klasse A.

„Casa Fly“ baut aufs echte Mallorca (Bild: Tomeu Canyellas)

Beef Architektis grandiose „Casa Fly“ lässt nicht nur die, vom Massentourismus vielerorts stark ramponierte Schönheit Mallorcas hochleben. Die Villa reanimiert auch altbewährte, klimagerechte Bauweisen, die achtsam mit Umwelt und Ressourcen umgehen.

Damit haben die in Bratislava ansässigen Designer auf der Lieblingsinsel deutscher Urlauber ein Beispiel geschaffen, dem Nachahmer zu wünschen sind.

Text: Elisabeth Schneyder
Bilder: Tomeu Canyellas / Beef Architekti

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