Collaborative Living: Der Fremde in meiner Kueche
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Collaborative Living: Der Fremde in meiner Küche

Als wir auf Facebook unsere ersten Beiträge geteilt haben, konnten wir nicht ahnen, dass wir damit unsere Küche verschenkt haben. Denn – Achtung, Überraschung: Durch die sozialen Netzwerke wird unser Zusammenleben sozialer!

Dieses Internet. Da sitzt jeder nur noch allein vor seinem Kastl oder rennt wie ein blindes Hendl durch die Stadt. Mitmenschen lösen sich in Luft auf, aber Hallo!

Sorry, aber die Horrorvision einer assozialen Digitalzombie-Gesellschaft können wir wohl endgültig in den Papierkorb (egal ob von Apple oder Microsoft) stopfen. Denn: Glaubt man den Forschern des Zukunftsinstituts, ist das genaue Gegenteil der Fall. Aber alles der Reihe nach.

Ursprung des Collaborative Living

Fakt ist, dass uns das so genannte Web 2.0 dazu gebracht hat, Informationen miteinander in einen weit größeren Ausmaß als bis dato zu teilen. Und während es anfangs bloß Fotos, Links und Memes waren, die wir untereinander „geshared“ haben, sind es nur wenige Jahre später auch analoge Gerätschaften, die wir miteinander teilen: Car-Sharing-Modelle wie DriveNow oder Car2Go boomen. Die Roller diverser E-Scooter-Anbieter sind nicht mehr aus Wiens Straßen wegzudenken.

Und dann war da ja noch Geschäftsmodelle wie airbnb. Also Anbieter, die privaten Wohnraum fremden Menschen gegen Miete zur Verfügung stellen. Womit wir also beim Zusammenleben 2.0 – und der Studie des Zukunftsinstituts angelangt wären. Diese setzt nämlich genau bei diesem „Verinnerlichen des Teilens“ an, das vor allem im urbanen Raum schon greifbar ist.

Schon jetzt stellen wir fest: Bei Alleinwohnenden oder auch bei Menschen, die beruflich viel unterwegs sind, bleibt die Küche zuhause oft kalt; gegessen wird außerhalb.

Forscher des Zukunftsinstituts

Konkret sind die Zukunftsforscher der Meinung, dass wir alle Räumlichkeiten, die wir nicht unbedingt brauchen, aus unserer Eigentums-Bubble kicken werden. „Schon jetzt stellen wir fest: Bei Alleinwohnenden oder auch bei Menschen, die beruflich viel unterwegs sind, bleibt die Küche zuhause oft kalt; gegessen wird außerhalb“, bringen die Wissenschaftler ein zugängliches Beispiel. Die Schlussfolgerung daraus: Die Wohnung von morgen wird über keine Küche mehr verfügen. Und wer dann doch ab und an in die Rolle des Gastgebers schlüpfen möchte, der wird sich eben eine Küche für diesen einen Abend anmieten.

Weitergesponnen heißt das dann auch, dass wir Day-Spas als Oase der Ruhe und Reinheit vorziehen werden und somit auf die heimatliche Badewanne oder das Whirlpool auf der Terrasse verzichten werden.

Neue Form der Wohnqualität

Diese „outgesourcten“, gemeinschaftlich, aber unabhängig genutzten Wohnfunktionen allerdings, gehen nicht verloren, vielmehr werden sie zu den Bausteinen eines neuen Lebenskonzepts – dem so genannten „Collaborative Living“. Das bedeutet, dass sich Wohnqualität in Zukunft nicht mehr über die Größe und die Ausstattung einer Wohnung definieren wird, sondern über die zusätzlichen Nutzungsoptionen und flexiblen Wohnmöglichkeiten innerhalb von Häusern und Quartieren.

So würden in modernen Wohnanlagen kleine Einheiten, fast wie Container, aneinander gereiht werden. Und zwar so, dass die von allen Bewohnern nutzbaren Module in einem gemeinsamen Zentrum liegen. Schon aktuell gelebte Trends, wie jener der Tiny Houses, weisen bereits in diese Richtung. Jedenfalls sollen auf diese Weise Lebensräume entstehen, die für möglichst viele Menschen mit unterschiedlichen Lebensstilen kompatibel sind. Schließlich würden nur noch die hochprivaten Einheiten dem Eigentum zugeordnet sein und die anderen Puzzleteile je nach Bedarf angemietet werden können.

Besitz wird wertloser

„Wohnqualität definiert sich dann nicht mehr über die Größe und die Ausstattung einer Wohnung, sondern über die zusätzlichen Nutzungsoptionen und flexiblen Wohnmöglichkeiten innerhalb von Häusern und Quartieren“, bringen es die Autoren der Studie auf den Punkt. So würde es beispielsweise möglich, dass in einem Wohngebäude Gästezimmer eingeplant werden, welche von jeder Wohnpartei genutzt werden können, oder dass ein gemeinsamer Workspace entsteht.

Oder eben, dass gleich mehrere Küchen für unterschiedliche Kocherlebnisse zur Verfügung stehen. So könne man am einen Abend auf Sushi-Meister machen und am nächsten auf Steak-Guru.

Wohnqualität definiert sich dann nicht mehr über die Größe und die Ausstattung einer Wohnung, sondern über die zusätzlichen Nutzungsoptionen und flexiblen Wohnmöglichkeiten innerhalb von Häusern und Quartieren.

Autoren der Studie

Vereinfacht ausgedrückt, würden wir das Gefühl des Besitzens gegen die vielfältigen Optionen, die das Leihen ermöglicht tauschen. Wir würden lieber mit anderen Menschen teilen und mehr Differenziertheit erleben, als mehr zu besitzen, sind sich die Forscher sicher.

Achtsamkeit ist gefragt

Durchaus kurios: Unser Zusammenleben würde also aus egoistischen Motiven und angekickt von der Mechanik digitaler Netzwerke wieder sozialer werden. Denn eines ist sicher: Je mehr unterschiedliche Lebensräume wir miteinander teilen werden, umso achtsamer müssen wir mit diesen und somit auch miteinander umgehen. Sonst kollabiert die Idee des „Collaborative Living“ schneller, als Zukunftsforscher Studien veröffentlichen können.

Zusammenfassung.

Durch die sozialen Netzwerke haben wir gelernt, Inhalte zu teilen. So wurden Sharing-Modelle für Autos (DriveNow) oder auch bei Wohnräumen (airbnb) plötzlich möglich. Auf diesem immer mehr verinnerlichten Prinzip des Teilens baut die Idee des „Collaborative Living“ auf. Diese besagt, dass man nur noch die intimsten Lebensbereiche besitzen wird und alle anderen je nach Bedarf anmietet. Sei es nun eine Küche, ein Wohnzimmer oder ein Spa-Bereich.

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