Dänische Top-Architektur für UNESCO-Weltkulturerbe (Bild: MIR)
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Dänische Top-Architektur für UNESCO-Weltkulturerbe

Es ist bereits das fünfte Projekt in UNESCO-Weltkulturerbe-Umfeld, für das Dorte Mandrup den Zuschlag bekommen hat. Und damit nicht genug der Ehre: Soeben als „AW Architekt des Jahres 2019“ ausgezeichnet, wird ihr nun in Berlin auch eine Ausstellung gewidmet.

Karlskrona ist eine Stadt mit viel Geschichte. 1679 als Flottenstützpunkt gegründet, erstreckte sie sich ursprünglich über mehr als 30 kleine Ostsee-Inseln. Diese Anfangszeit prägt nach wie vor das Stadtbild. Ebenso, wie im 17. und 18. Jahrhundert errichtete, gut erhaltene Häuser. Kein Wunder also, dass die UNESCO Teile der Stadt Karlskrona zum Weltkulturerbe erhob. Dies macht es aber auch zum heiklen Unterfangen, der Barockstadt moderne Bauten hinzuzufügen.

Im Fokus: Mensch, Natur und Welterbe

Für die dänische Architektin Dorte Mandrup, deren Entwurf (Bild oben) die Jury des entsprechenden Wettbewerbs jüngst überzeugte, ist derlei allerdings nichts Neues. Sie konnte zuvor schon vier andere Aufträge in höchst sensiblen, UNESCO-geschützten Zonen für ihr Büro gewinnen: Das dänische Wadden Sea Center in Ribe, das Wadden Sea World Heritage Centre in Groningen, das Trilateral Wadden Sea World Heritage Partnership Centre in Wilhelmshaven und das Icefjord Centre in Ilulissat, Grönland. 

Das von Dorte Mandrups Büro designte Wadden Sea Centre im dänischen Esbjerg – in einer von der UNESCO zum Weltkulturerbe erhobenen Zone faszinierender Natur . (Foto: Adam Moerk)
Das von Dorte Mandrups Büro designte Wadden Sea Centre im dänischen Esbjerg – in einer von der UNESCO zum Weltkulturerbe erhobenen Zone faszinierender Natur . (Foto: Adam Moerk)

An Erfahrung im Umgang mit komplexen Vorgaben fehlt es nicht: Die Gründerin des Kopenhagener Architekturstudios entwirft seit mehr als 20 Jahren unterschiedliche, faszinierende Bauwerke. Im Fokus ihrer Arbeit: Die enge Wechselbeziehung zwischen Architektur, Natur und zeitgemäßer Gestaltung des Lebensumfeldes für die Bedürfnisse der Menschen.

Ehrung und aktuelle Werkschau in Berlin

Jetzt wurde Mandrups Büro vom renommierten Hamburger Magazin „AW Architektur & Wohnen“ zum „AW Architekt des Jahres 2019“ gekürt. Und von 17.August bis 26.September präsentieren das  Aedes Architekturforum und „AW“ in Berlin eine umfassende Ausstellung von Dorte Mandrups Arbeit. Der Titel der Werkschau bringt das Schaffen der renommierten Architektin auf den Punkt: „HUMAN:NATURE“.

Wir alle tragen Verantwortung dafür, eine bessere Zukunft aufzubauen und die Probleme unserer Zeit anzugehen.

Dorte Mandrup, Architektin

Dorte Mandrup verfolgt einen humanistischen Ansatz. Ihr Ziel ist es, Gebäude zu entwerfen, die mit ihrer Umgebung kommunizieren und stets den Kontext berücksichtigen.

Im Mittelpunkt ihrer Entwürfe stehen die Nutzeranforderungen und die Einbindung ins urbane und soziale Gefüge. Oder – wie bei der Wattenmeer-Trilogie – die Interaktion des Menschen mit der einzigartigen Natur und Kulturgeschichte des Ortes. 

Råå Vorschule im schwedischen Helsingborg: Die dänische Architektin Mandrup ist dafür bekannt, im Einklang mit Natur und bestehenden Strukturen ein lebenswertes Umfeld zu schaffen.  (Foto: Adam Moerk)
Råå Vorschule im schwedischen Helsingborg: Die dänische Architektin Mandrup ist dafür bekannt, im Einklang mit Natur und bestehenden Strukturen ein lebenswertes Umfeld zu schaffen. (Foto: Adam Moerk)

Am Beginn der Entwurfsarbeit des Büros stehen künstlerische Überlegungen. „Im besten Fall entsteht daraus Architektur als Kunst und Kunst als Architektur, die ihren Kontext versteht und herausfordert“, wird Dorte Mandrup vom Aedes Architekturforum zitiert. Und: „Wir alle tragen Verantwortung dafür, eine bessere Zukunft aufzubauen und die Probleme unserer Zeit anzugehen“.

Dafür müsse man es wagen, den Status Quo infrage zu stellen. Es gelte, zu experimentieren und mit Alternativen zu spielen: „Wir betrachten es als unsere größte Verantwortung, Ideen in großartige, baubare Entwürfe zu verwandeln.“

Von Vorschule bis UNESCO-Schutzgebiet

Die Ausstellung in Berlin zeigt Projekte aus Mandrups Portfolio, mit denen städtische Gemeinschaften und Beziehungsgefüge gestärkt werden. Dazu zählen etwa der Wasserflugzeug-Hangar H53 und die Sundbyøster Hall in Kopenhagen, sowie die Vorschule in Råå, Helsingborg . Auch Einblick ins Projekt des neuen Karlskronaer Kulturhauses, für das Mandrup jüngst den Zuschlag erhielt, wird geboten.

Selbstverständlich präsentiert die Werkschau auch die „Wattenmeer-Trilogie“ der Architektin: Eine Reihe kultureller Einrichtungen, die das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer zum Thema haben. Ein einzigartiges Schutzgebiet, das sich von Dänemark über Deutschland bis in die Niederlande erstreckt.

Für das Amager Kinderkulturhaus in Kopenhagen erntete Mandrups Büro viel Lob. Jetzt konnte die Architektin auch den Bewerb für ein neues Kulturzentrum in der Barockstadt Karlskrona für sich entscheiden. (Foto: Jens Lindhe)
Für das Amager Kinderkulturhaus in Kopenhagen erntete Mandrups Büro viel Lob. Jetzt konnte die Architektin auch den Bewerb für ein neues Kulturzentrum in der Barockstadt Karlskrona für sich entscheiden. (Foto: Jens Lindhe)

In ihrer Beschreibung des Karlskrona-Projekts betont Mandrup: „Die Aufgabe verlangt, dass wir mit Demut und Respekt für das Bestehende vorgehen, dem Ort aber neuen Charakter und Identität hinzufügen.“

Kultur-Zentrum für die Barockstadt

Das neue Kulturhaus soll ein moderner Treff für verschiedene kulturelle Aktivitäten werden. An Karlskronas Hauptplatz (Stortorget) gelegen, wird das Gebäude neben einer Bibliothek viel Raum für Musik, Tanz und Ausstellungen bieten. Auch Werkstätten, ein Besucherzentrum, Studienräume, ein Theatersaal und ein Cafe sind vorgesehen. 

Neue Ikonen inmitten von UNESCO-Welterbe

Die Jury des Karlskrona-Wettbewerbs begründete ihre Wahl unter anderem so: Der Entwurf bilde „eine neue Ikone auf Stortorget – in Form einer eleganten Interpretation der klassischen Architektur“. 

Dänische Top-Architektur für UNESCO-Weltkulturerbe
Bereits im Bau: Das Icefjord Centre in Grönland – ein Klimaforschungs- und Besucherzentrum nach Dort Mandrups Plänen. (Rendering: Mir)

Mandrups Icefjord Centre wird inzwischen bereits gebaut. In zwei Jahren soll das beeindruckende neue Forschungs- und Besucherzentrum für Grönlands populärste Touristenattraktion eröffnet werden. Ein faszinierender Ort, wie die Projektbeschreibung hervorhebt: „Einer der wenigen Plätze weltweit, an dem man tatsächlich und aus nächster Nähe beobachten kann, die die globale Erwärmung das Eis schmelzen lässt“. 

Schön, diskret, voll Respekt und in Einheit mit der Umgebung

Jess Svane, Grönlands Minister für Industrie, Energie und Forschung, über den Entwurf des Icefjord Centers

Der Entwurf der vielfach preisgekrönten Architektin soll dazu beitragen, die Klimadebatte zu fokussieren. Das Zentrum soll zum natürlichen Hot-Spot für Forscher und Entscheidungsträger werden.

Nächstes Ziel: Los Angeles

Mit erfolgreichen Konzepten für heikle Naturlandschaften wie Wattenmeer und Icefjord in seinem Portfolio, hat Dorte Mandrups Team aktuell auch gute Chancen, den Auftrag für ein weiteres, bedeutendes Projekt zu bekommen: 

Der Bewerb um die Neugestaltung der legendären, zu den Natural History Museums of Los Angeles County (NHMLAC) gehörigen Ausgrabungs- und Ausstellungsstätte der La Brea Tar Pits in Los Angeles soll bis Jahresende 2019 entschieden werden. Ein innovativer Co-Working-Campus vor Ort wird derzeit bereits errichtet. 

Das Großprojekt, das den Museumscampus in Hancock Park und die Tar Pits renovieren und modernisieren soll, harrt jedoch noch einer Entscheidung. Nur drei Bewerber befinden sich in der Endrunde. Und das dänische Büro zählt – neben den New Yorker Konkurrenten WEISS/MANFREDI und Diller Scofidio + Renfro – zu diesen Auserwählten. 

Text: Elisabeth Schneyder
Fotos: Adam Moerk, Jens Lindhe
Grafik: Mir    

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