Wenn die Pausenglocke läutet
Ein pyramidenförmiges Dach in einer fachwerkartigen Holz-Konstruktion bildet einen Raum von festlicher Grandeur. Genau das hatten die Architekten von Maccreanor Lavington für die neue Schulkantine der Ibstock Place School im Sinn.
Lange, triste Gänge, hinter deren Türen die immer gleichen Klassenzimmer. Und über allem liegt eine Angespanntheit, die sich bis in den letzten Winkel zieht. So erinnern sich wohl viele an ihre Schule aus Kindheitstagen. Während der große Bestand der Bildungsanstalten seinen baulichen und pädagogischen Schatten bis in die Gegenwart wirft, bringt die moderne Schularchitektur neue Ansätze für den Unterrichtsalltag hervor. An der Schnittstelle von Pädagogik und Architektur entstehen inhaltliche und räumliche Konzepte, die von allen Beteiligten auf Augenhöhe neu verhandelt werden. Das Ziel ist für Architekten, Bauherrschaft, Schüler und Lehrpersonal gleichermaßen klar: Die Schule von morgen soll ein erbaulicher Ort sein.
Unser Augenmerk lag darauf, einen ruhigen und beschaulichen Raum zu kreieren, den seine Nutzer genießen können.
Dieser Ansicht waren auch die britischen Architekten von Maccreanor Lavington, als sie ihren Entwurf für den neuen Speisesaal der Ibstock Place School erarbeiteten. Mittlerweile bildet das von ihnen erdachte Trio an Baukörpern den östlichen Grundstücksrand der Privatschule in Roehampton, einem Stadtteil im Südwesten von London. Mit seiner Backsteinfassade und der pyramidenförmigen Dachtypologie zitiert es nach außen hin den historischen Bestand des edwardianischen Haupthauses.
Speisesaal mit festlicher Grandezza
Im Inneren des neuen Gebäudeensembles tut sich eine Festlichkeit auf, die man in einer Schulkantine wohl als letztes erwarten würde. Die Struktur des konstruktiven Holzbaus spannt sich über die endlos langen Tischreihen und erreicht eine imposante Raumhöhe von 12 Metern. Die überkreuzenden Brettschichtholzträger bilden ein gitterartiges Gewölbe, das Funktion und Ornament zugleich ist. Rechteckige Glaskobel öffnen die drei Kubaturen nach oben hin und bringen viel natürliches Tageslicht auf die Esstische darunter.
„Wir haben die Bedeutung des Mittagessens für die emotionale und soziale Entwicklung der Schüler erkannt“, beschreiben die Architekten ihren Ausgangspunkt, „und wollten ein Gebäude schaffen, das aufheiternd und festlich ist. Unser Augenmerk lag darauf, einen ruhigen und beschaulichen Raum zu kreieren, den seine Nutzer genießen können.“
Schalldämpfende Holzpaneele
Bei den über 1.200 Schülern, die hier täglich nach der Pausenglocke zum Essen erscheinen, ist das wohl leichter gesagt als getan. Damit diese auch bei voller Belegung ein Gespräch mit ihrem Sitznachbarn führen können, setzten die Architekten schalldämpfende Oberflächen ein. „Die markante Gitterstruktur der Holzgewölbe bildet den Rahmen für akustische Eichenpaneele, die den Schall absorbieren und das Hintergrund-Geklapper des Speisesaals dämpfen“, erklärt das Architekturbüro.
Die Form des Gebäudes wurde so designt, dass sich das Raumklima in den Sälen ohne Klimaanlage selbst reguliert.
Thomas Ormerod, Architekt bei Maccreanor Lavington
Auch die reduzierte Materialpalette trägt zu einer Beruhigung der Atmosphäre bei. In die cremefarbene Kulisse der unterschiedlichen Holzoberflächen setzten die Architekten einzelne Akzente in Bronze. Türgriffe, Handläufe und Lampenhalterungen schaffen einen edlen Kontrast zum monochromen Interieur. „Unser Ziel war es, ein Gebäude von zeitloser Qualität zu schaffen“, sagt der zuständige Architekt Thomas Ormerod.
Nachhaltigkeit in Form und Material
Die prägnante Form der einzelnen Kubaturen hat nicht nur den Zweck, eine gewisse Festlichkeit zu beschwören, ihr liegt auch eine wichtige Funktion zugrunde, wie die Architekten weiter erläutern: „Die Form des Gebäudes wurde so designt, dass sich das Raumklima in den Sälen ohne Klimaanlage selbst reguliert.“
Die Glaskobel an der Decke sorgen für einen Kamineffekt, der warme, verbrauchte Luft über Lüftungsfenster aus dem Gebäude leitet. Eine clevere Low-Tech-Lösung, die gemeinsam mit dem CO₂-neutralen Holzbau dazu beiträgt, den Klimawandel nicht weiter anzuheizen.
Holzbauprojekte können gegenüber herkömmlichen Bauweisen in mehrfacher Hinsicht punkten, wie Ormerod betont: „Abgesehen von seiner ästhetischen Qualität hat das Brettschichtholz auch den Vorteil, dass die Struktur abseits der Baustelle komplett vorgefertigt werden konnte.“
Text: Gertraud Gerst
Fotos: Jack Hobhouse