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Jetzt kommt Bewegung ins Büro

Weil sich seine Liebe zur Arbeit und seine Begeisterung für Sport zeitlich immer stärker in die Quere kamen, entwickelte Jan Gumprecht ein spezielles Ergometer fürs Büro. Mit seinem FitSeat tritt der deutsche Entrepreneur auch gesellschaftlichen Problemen entgegen.

Wer sich freiwillig in die Höhle der Löwen begibt, ist entweder ein furchtloser Freund von Großkatzen. Oder ein Entrepreneur mit der festen Überzeugung, dass seine Geschäftsidee dringend unter die Leute muss. Und zwar, um es im Fall von Dr. Jan Gumprecht vielleicht etwas flapsig, aber anatomisch korrekt zu formulieren: unter die Hintern der Leute.

Arbeit oder Sport? Arbeit und Sport!

Der frühere Leistungssportler hat nämlich ein Sportgerät erfunden, mit dem Arbeitszeit zur Fitnesseinheit wird. Sein FitSeat ist ein Ergometer, also ein Zimmerfahrrad, das speziell für Büros entwickelt wurde. „Bewegung ist essenziell, um gesund zu bleiben“, sagt der Unternehmer mit Firmensitz in Ismaning, wenige Kilometer außerhalb von München.

In seiner Jugend war Jan Gumprecht begeisterter Ruderer, später ist er „auf dem Fahrrad durch halb Europa“ gefahren. Doch dann, sagt er, kollidierten seine Liebe zur Arbeit und zum Sport zu häufig. Die Lösung fand er noch während seiner Zeit als Doktorand an der TU München: „Warum kann man nicht einfach Arbeitszeit und Sport kombinieren?“

Schmerzhafter Beginn

Sein erster Ansatz war ebenso smart wie pragmatisch: Warum nicht einfach das Rennrad und die Trainingsrolle, die er – wie jeder ehrgeizige Hobbyradler – ohnehin zu Hause hatte, mit einem Stehschreibtisch verbinden? Nun, die – enttäuschende – Antwort fand Jan Gumprecht rasch: Das Rennrad war zu lang und passte nicht sinnvoll unter den Schreibtisch – und damit war der Sattel zu weit entfernt von der Tastatur, was wiederum zu Rückenproblemen führte …

FitSeat

Doch dem Ingenieur (der Gumprecht ist) ist bekanntlich nichts zu schwör. Und so grübelte er so lange über ein praktischeres Setup, bis er im Herbst 2014 seine Firma „FitSeat“ aus der Taufe heben konnte. Mit einem Produkt, das letztendlich mithelfen soll, eines der gravierenden Probleme der Wohlstandszivilisation zu lösen: den Bewegungsmangel.

Die WHO warnt

Körperliche Aktivität definiert sich als „jede Bewegung des Körpers, die mit einer Kontraktion der Muskulatur einhergeht und den Energieverbrauch über den normalen Ruheenergiebedarf hinaus steigert“. Bewegungsmangel, warnt die Weltgesundheitsorganisation WHO, „ist ein wesentlicher Risikofaktor für eine Vielzahl chronischer Gesundheitsprobleme, darunter Krebs und Herzerkrankungen.“

Um diesem Bewegungsmangel aktiv entgegenzusteuern, sollten mehr Menschen mehr Sport betreiben. Die WHO geht aber sogar so weit, „politische Maßnahmen zur weiteren Förderung aktiver Fortbewegungsarten wie Radfahren und Zufußgehen“ anzuregen. 

30 Minuten pro Tag

Jedenfalls empfiehlt die WHO für Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren 150 Minuten moderater körperlicher Ausdaueraktivität oder 75 Minuten intensiver körperlicher Aktivität pro Woche – „oder eine entsprechende Kombination von beiden.“

Wir Menschen sind für Bewegung optimiert.

Dr. Jan Gumprecht

Und diese Zeit lässt sich, so ehrlich können wir ruhig sein, durchaus am Arbeitsplatz finden. Ebenso wie – mit etwas gutem Willen – der Platz für den auf fünf gewichtsgebremsten Rollen flexibel aufstellbaren FitSeat.

Flexibilität macht schlau

„Wir Menschen sind für Bewegung optimiert“, erklärt Dr. Gumprecht auf Nachfrage des UBM-Magazins. „Sitzen ist in Ordnung, wenn man sich zwischendurch ausruhen möchte, aber nicht als Dauerzustand. Körperliche Unterforderung ist auf lange Sicht genauso ungesund ist wie eine Überforderung. Da Büroarbeit von Natur aus bewegungsarm ist, wird es Zeit, dass sich hier etwas ändert.“

FitSeat

Zumal der FitSeat ein flexibles Trainieren je nach Aufgaben im Büro ermöglicht: „Wir wissen mittlerweile, dass häufige Bewegungsintervalle über den Tag verteilt Pflicht sind, um dauerhaft leistungsfähig zu bleiben. Man wird dadurch nicht nur gesünder, sondern auch schlauer!“

Wie in der Steinzeit

Im Prinzip funktioniert das menschliche Gehirn nämlich wie in den Anfangstagen der Menschheit, sagt Dr. Gumprecht: „Bei unseren steinzeitlichen Vorfahren war das Gehirn hauptsächlich bei der Nahrungsmittelsuche aktiv, also bei körperlicher Aktivität. In Pausen zwischendurch oder danach hat sich nicht nur der Körper erholt, auch das Gehirn ging in eine Art Standby-Modus. Da sich der menschliche Körper seit über 100.000 Jahren nicht wesentlich verändert hat, gelten diese Zusammenhänge heute immer noch.“

Der Zusammenhang zwischen Fitness und Konzentration liege ebenfalls auf der Hand: „Neben dem Herz ist vor allem die Venenpumpe für die Blutzirkulation zuständig. Ist diese Venenpumpe nicht aktiv, zum Beispiel, wenn man ruhig sitzt, zirkuliert weniger Blut durch den Körper.“

Bewegung fördert Konzentration

Dadurch wiederum wird das Gehirn weniger stark durchblutet, sagt Dr. Jan Gumprecht: „Es bekommt weniger Nährstoffe, Stoffwechselabbauprodukte werden schlechter abtransportiert und Neurotransmitter schlechter ausgetauscht. Die Folge ist, dass wir uns zum Beispiel schlechter konzentrieren können, unsere Gedächtnisleistung reduziert ist oder wir ganz einfach müde werden.“

Wir haben bewusst auf jegliche Art von Verschleißteilen verzichtet, um die Umweltbelastung zu minimieren und den FitSeat möglichst langlebig zu machen.

Dr. Jan Gumprecht

Eines der Learnings aus dem fehlgeschlagenen Versuch mit dem Rennrad ist: Das Gerät ist nun mit einem bequemen Gelsattel ausgestattet, eine Beckenstütze sorgt zudem für sicheres Sitzen und durch einen steilen Winkel auch beim Treten für einen geraden Rücken. Der FitSeat ist stufenlos höhenverstellbar und für Menschen zwischen 1,55 und 2,00 Meter optimal nutzbar.

Ohne Strom

Der Trittwiderstand des Ergometers – das natürlich ohne Strom betrieben wird – lässt sich einfach und direkt unter dem Sattel den eigenen Bedürfnissen anpassen. „Wir haben bewusst auf jegliche Art von Verschleißteilen verzichtet, um die Umweltbelastung zu minimieren und den FitSeat möglichst langlebig zu machen.“

FitSeat

FitSeats gibt es in den drei Farbvarianten „Pure Nature“ (braun), „Black Panther“ und „White Lotus“. Die Geräte lassen sich – mit oder ohne inkludierte Workstation – über den eigenen Onlineshop entweder direkt kaufen oder für jeweils 24 Monate anmieten. Auf jeden Fall können sie vorab kostenlos getestet werden.

FitSeat – Natürlichkeit und Nachhaltigkeit

Dass der Rahmen des Fitnessgeräts in ansprechendem Holz gehalten ist, ist natürlich eine bewusste Entscheidung seines Erfinders: „Holz ist einfach ein wunderbarer Werkstoff, der neben seiner Natürlichkeit und Nachhaltigkeit, die für uns eine ganz wichtige Rolle spielt, noch viele andere Vorteile hat. Holz hat uns von Anfang an erlaubt, ohne große Formbaukosten direkt ein fertiges Produkt herzustellen. Der tragende Rahmen musste nicht extra verkleidet werden, sondern ist voll in die Optik des FitSeats integriert. Diese Sichtbarkeit unserer Holzrahmen ist übrigens für viele unserer Kunden ein entscheidendes Kaufkriterium.“

Im Misserfolg steckt Erfolg

Jan Gumprecht konnte die Löwen im VOX-Studio Ende 2018 übrigens nicht dafür begeistern, gegen eine Beteiligung in der Höhe von 150.000 Euro zehn Prozent des Start-ups zu übernehmen. Die Sendung verbucht er dennoch als Erfolg: Im Anschluss an die bundesweite Fernsehwerbung gingen zahlreiche Bestellungen ein. Dr. Gumprecht und sein Team haben sie nach und nach abgearbeitet – und dabei eifrig in die Pedale getreten.

Text: Hannes Kropik
Fotos: MG RTL D – Frank Hempel, Fitseat

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