Das israelische Start-up JoyTunes hat eine revolutionäre App entwickelt. Dank modernster Technologie kann man im Wohnzimmer verschiedenste Instrumente lernen. Auch das spacige Office der digitalen Musikschul-Macher ist ein absoluter Chartstürmer. Designt wurde es vom Roy David Studio.

Na, Lust auf einen Ohrwurm? „Music was my first love / and it will be my last / Music of the future / and music of the past”. Wer jetzt noch nicht in den Refrain von „Music“ von John Miles reingekippt ist, möge bitte hier zum Video weitergehen. Randnotiz: Produziert wurde die Nummer aus dem Jahr 1976 übrigens von Alan Parsons, für dessen gleichnamiges „Project“ John Miles auch als Sänger tätig gewesen ist.

Eine universelle Sprache lernen

Musik ist neben individueller Liebe, Zukunft und Vergangenheit ein über Sprachen, Kulturen und Kontinente hinweg verbindendes Element. Der Gesang und das Spielen eines Instruments zählen in allen Zivilisationen zum kreativen, sakralen und sozialen Ausdruck. Um das Erlernen dieses universellen Guts zu verbreiten, hat das Start-up JoyTunes aus Tel Aviv eine ganz spezielle App gezimmert.

JoyTunes

„Mit unserer patentierten akustischen Notenerkennung hört das Gerät in Echtzeit über das Mikrofon, was Sie spielen, und gibt sofortiges Feedback. Mehrere Noten werden besser erkannt als bei allen anderen Apps, selbst bei Hintergrundgeräuschen“, verspricht das Unternehmen. Das soll für Klavier, Gitarre, Saxophon und viele andere Instrumente ebenso gelten wie für Gesang.

UI, UX, Deep Learning und Co

Um diesen hohen Ansprüchen gerecht zu werden, setzen die Entwickler die neuesten Funktionen in den technologischen Bereichen UI (User Interface, sprich: Benutzerschnittstelle), UX (User Experience, also: Nutzererfahrung), Audioverarbeitung und Deep Learning (mehrschichtiges Lernen) ein.

Jeder Schritt in der Projektplanung erfolgte aus Respekt vor dem Gebäude und der phänomenalen Architektur, die durch helle Farben und klare Linien hervorgehoben wird.

Architekten des Roy David Studio

Aber kommen wir zum eigentlichen Thema dieses Beitrags, denn das neue, 4.300 Quadratmeter große Office von JoyTunes in Tel Aviv spielt ebenfalls alle Stücke. Der Bürokomplex des Start-ups erstreckt sich über fünf Etagen in einem einzigartigen Gebäude am Rande des Montefiore-Viertels in Tel Aviv. Das „Montefiore House“ wurde in den 1990er Jahren vom Architekten Israel Godovich entworfen. Welch exzentrischer Denker und scharfer Kritiker der heute 88-jährige Godovich immer noch ist, zeigte er in diesem englischsprachigen Interview für die internationale Ausgabe der New York Times aus dem Sommer 2020.

Ein Würfel mit vitalem Innenleben

Kein Wunder also, dass das Roy David Studio, das für die Gestaltung und Umsetzung des neuen JoyTunes-Office verantwortlich war, von Anfang an klar darlegte: „Jeder Schritt in der Projektplanung erfolgte aus Respekt vor dem Gebäude und der phänomenalen Architektur, die durch helle Farben und klare Linien hervorgehoben wird.“

JoyTunes

Während das Montefiore House von außen einem Würfel mit fixen Dimensionen entspricht, steht das Innere „in krassem Gegensatz“ dazu, wie die Büro-Architekten unterstreichen: „Es zeigt einen zentralen, langen und hohen Flügel, der mit einer Glasdecke verziert ist und aus einem System von Treppen und Brücken besteht, die die verschiedenen Teile des Gebäudes miteinander verbinden“.

JoyTunes – Ein Spielplatz für die Unternehmenskultur

Für die Designer vom Roy David Studio stand eine große Idee im Vordergrund: Sie wollten einen Spielplatz für das Unternehmen schaffen – sprich: „ein offenes und fruchtbares Arbeitsumfeld für Mitarbeiter verschiedener Disziplinen in einer dynamischen Arbeitsumgebung voller Leben und Farbe, die Begegnungen schafft und zu Kreativität und Entwicklung anregt.“

Hintergrund dafür sei, dass die Kultur von JoyTunes durch Transparenz, Zusammenarbeit und Gemeinschaft geprägt sei. Daher wurden alle bestehenden Gipswände abgerissen und die Etagenmitte als offener Arbeitsbereich gestaltet. Für Situationen, die Privatsphäre erfordern, wurde im hinteren Kern des Gebäudes Raum geschaffen. „So gibt es neben der nivellierten Architektur auch Blickkontakt zwischen den Mitarbeitern auf jeder Etage“, so die Architekten.

Eine Bühne und eine Rutsche

Zentraler Treffpunkt des Büros ist das Erdgeschoss, das als Promenade konzipiert wurde. In der Mitte des Raums befindet sich eine geflieste Konzertbühne, die für Proben und Aufführungen ebenso dient wie für Events und Meetings. Rund um die Bühne sind Lounges und niedrige Sitzgelegenheiten zum Verweilen angeordnet.

JoyTunes

Auch die Cafeteria ist gleich in der Nähe angesiedelt, „um eine Brücke zwischen den Bereichen und damit einen großen und einladenden Raum für ein Zusammentreffen zu schaffen“, erklären die Architekten. Als weiteres spielerisches Element wurde am hinteren Ende dieses Platzes eine Rutsche eingebaut, die den dritten Stock mit der hinteren Lounge im Erdgeschoss verbindet.

Die Farbe der Musik

Die Rutsche ist ebenso im leuchtenden Violett – der Firmenfarbe von JoyTunes – gehalten wie der Hauptblock des Gebäudes mit seiner prägnanten Treppe, die vom Eingang in die oberen Etagen führt. Dieser Teil des Montefiore House blieb architektonisch unverändert und soll eine „Verbindung zwischen dem Alten und dem Neuen herstellen“, so das Roy David Studio.

Der Farbton zieht sich auch in den modularen Arbeitsplätzen weiter, die neben den Fluren liegen. In diesen Bereichen finden sich offene Ablageflächen und eine doppelseitige, löschbare Tafel. Das soll den Teams ermöglichen, soziale oder berufliche Treffen zu organisieren und abzuhalten. 

Einfach strukturiert wie ein Notenblatt

In Summe hat man sich beim Roy David Studio für „einfache und vertraute Materialien und die Gestaltung in festen Modulen“ entschieden, um damit auf das Gebäude selbst und auf das Aussehen von Notenblättern anzuspielen. Auf diese Weise will man „den revolutionären, aber grundlegenden Ansatz widerspiegeln, der von JoyTunes entwickelt wurde und es einer Person – mit oder ohne Vorkenntnisse – ermöglicht, Musik zu lernen und zu spielen.“

Dass das technologische Konzept dahinter funktioniert, kann JoyTunes nur bestätigen: „Unsere aktuellen Klavierlern-Apps verzeichnen ein schnelles Nutzer- und Umsatzwachstum. Sie wurden von Apple und Google zu einer der besten Apps gewählt und werden von 10 Prozent der US-Pianolehrer verwendet.“

Eine Würdigung zum Abschluss

Ob sich John Miles, der in seinem Klassiker „Music“ selbst am Klavier sitzt, an einer solchen App ebenfalls erfreut hätte, ist nicht überliefert. Leider ist der großartige Künstler am 5. Dezember 2021 im Alter von 72 Jahren viel zu früh verstorben. Als anerkennende Würdigung bitte jetzt alle im Chor: „Music was my first …“

Text: Martin Obermayr
Fotos: Itay Benit

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