Kajstaden Tall Timber Building, C F Moeller, Schweden
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Holzhaus mit Rückbaugarantie

Das Kajstaden Tall Timber Building in Schweden markiert den Beginn einer neuen Generation von massiven Holz-Hochhäusern. Der Baustoff sparte an die 550 Tonnen CO₂ ein und lässt sich später problemlos recyceln.

Der Ingenieur-Holzbau setzt stetig neue Benchmarks. Möglich machen dies die hoch entwickelten Baustoffe Brettsperrholz (CLT) und Brettschichtholz (Glulam). Auch wenn österreichische und deutsche Forscher hinter diesen Entwicklungen stecken, so sind es heute vor allem die Skandinavier, die die Riege der Pionierbauten anführen. Das Kajstaden Tall Timber Building gilt als erstes Hochhaus Schwedens, das zur Gänze aus Holz gebaut ist.

Holzlattung, Kajstaden Tall Timber Building, C F Moeller
Die karbonisierte Holzlattung der Außenfassade bildet einen Kontrast zum hellen Holz der Loggien.

Das neunstöckige Gebäude ist Teil des neuen Stadtentwicklungsgebietes Kajstaden im schwedischen Västerås, eine Stunde von Stockholm entfernt. An die 700 neue Wohnungen sollen hier in den kommenden Jahren entstehen. Das Tall Timber Building ist das Flaggschiff des neuen Viertels und hat einen Platz in der ersten Reihe, direkt am Ufer des Mälaren, Schwedens drittgrößtem See.

Seeblick für alle

Der Seeblick ist in dem Gebäude kein Privileg für Bevorzugte, sondern schön demokratisch verteilt. Der Wohnblock mit der markanten Holzfassade bietet nämlich allen Bewohnern freien Blick aufs Wasser. Dabei sind die Apartments so angeordnet, dass jedes Wohnzimmer samt angrenzender Terrasse zum Ufer hin ausgerichtet ist. 

Der Entwurf des Gebäudes stammt vom skandinavischen Architekturbüro C.F. Møller Architects, das noch wesentlich höhere Woodscraper in der Pipeline hat. So etwa das Projekt Fjordporten in Oslo und das Hochhaus Västerbroplan auf der Stockholmer Königsinsel.

Bauphase, Kajstaden Tall Timber Building, C F Moeller
Das neunstöckige Wohnhaus in Västerås‘ neuem Viertel Kajstaden ist zur Gänze aus Holz gebaut.

Eine Landmark für das neue Viertel

Was dieses Bauprojekt besonders auszeichnet, ist die außergewöhnliche Form und die zweifarbige Holzfassade. Während die Lattung der Außenseiten karbonisiert und damit dunkel ist, zeigt sich die Verkleidung der Loggien in hellem Holz. Ein Kontrast, der Räumlichkeit erzeugt und dem Komplex seine besondere Charakteristik verleiht.

Die Höhe und die Architektur des Gebäudes machen es zu einer Landmark für das neue Viertel. Gleichzeitig ist es ein Leuchtturmprojekt dafür, was im nachhaltigen Bauen möglich ist.

Ola Jonsson, Architekt bei C.F. Møller

„Wir wollten, dass das Gebäude einen klaren Anfang und einen vertikalen Abschluss hat, der Spannung erzeugt und Eleganz vermittelt. Die obersten zwei Stockwerke haben mehr Raumhöhe und unterschiedliche Dachformen. Dadurch entsteht eine spannende Silhouette, die sich von den anderen Gebäuden abhebt“, erklärt Ola Jonsson, der verantwortliche Architekt des Projektes.

Die großen Glasfronten und die süd-westliche Ausrichtung der Balkone geben den Apartments viel Tageslicht und sorgen für Sichtbezüge ins Umland. „Die Höhe und die Architektur des Gebäudes machen es zu einer Landmark für das neue Viertel. Gleichzeitig ist es ein Leuchtturmprojekt dafür, was im nachhaltigen Bauen möglich ist“, so Jonsson.

Kajstaden Tall Timber Building, C F Moeller

550 Tonnen CO₂ eingespart

Auch wenn es im Inneren nicht den Anschein hat, so ist das Tall Timber Building ein lupenreiner Holzbau. Konkret heißt das, dass ab dem Fundament die komplette Struktur des Gebäudes aus Holz gebaut ist. Nicht nur die Wände, Decken und Balkone sind in CLT gefertigt, auch die Liftschächte und das Stiegenhaus. Weil es der Brandschutz zum Zeitpunkt des Baus so vorsah, ist ein Großteil der Innenwände verputzt.

„Weder der Developer noch die Baufirma hatten zuvor Projekte aus Holz gebaut, aber sie waren entschlossen, aufs Ganze zu gehen“, erklärt Jonsson. Durch den hohen Grad an Vorfertigung konnte sehr schnell gebaut werden. Drei Montagearbeiter benötigten durchschnittlich drei Tage, um den Rohbau für ein Geschoss fertigzustellen. 

Um den späteren Rückbau der Materialien sicherzustellen, „wurden mechanische Verbindungen mit Schrauben eingesetzt“, wie es in der Projektbeschreibung heißt. „Beim Einsatz von Massivholz anstelle von Beton wird die gesamte CO₂-Einsparung bei diesem Gebäude alleine auf 550 Tonnen geschätzt.“

Aussicht, Kajstaden Tall Timber Building, C F Moeller
Alle Bewohner des Tall Timber Building haben freie Sicht auf den Mälaren.

Pionier der Massivholz-Bauweise

Die vorgefertigten CLT-Elemente stammen vom Sägewerk Martinsons in Bygdsiljum. Das Unternehmen hat vor ein paar Jahren seine Produktion von Bau-Elementen aus Brettsperrholz ausgebaut. „Die Nachfrage ist groß. Es wird gerade viel gebaut in Schweden, und CLT erfüllt die Kriterien für effizienten Industriebau bei geringstmöglichen Auswirkungen auf das Klima“, so CEO Lars Martinson über den Unternehmensausbau. 

Knapp 60 Kilometer weiter nördlich, in der Stadt Skellefteå, lieferte das Unternehmen die Holzbau-Elemente für das 20-stöckige Sara Kulturhus von White Arkitekter. Bis zur Eröffnung des Kulturbaus im Jahr 2021 konnte das Tall Timber Building immerhin zwei Jahre die Liste der höchsten Holz-Hochhäuser Schwedens anführen. Als Pionier der kreislauffähigen Massivholz-Bauweise wird der Wohnblock allerdings auch in Zukunft gelten. Und als klare Ansage auf dem Weg zur Klimawende.

Text: Gertraud Gerst
Fotos: Nikolaj Jakobsen, C.F. Møller Danmark A/S

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