Vor der Feuerstelle und den großen Panoramafenstern lässt es sich in diesem Biwak gut aushalten. Geplant ist der Designer-Schutzraum nach einem Entwurf von noa* network of architecture am Schnalstaler Gletscher.

Normalerweise versteht man unter Biwakieren das geplante oder ungeplante Übernachten am Berg. Aber anders als beim Campieren und Zelten, wo man geplanterweise ein Zelt aufstellt, handelt es sich hier um ein Lager unter freiem Himmel mit Minimalausrüstung. Das kann zum Beispiel ein Biwaksack sein, eine wind- und wasserdichte Hülle als Schutz und Rückzugsmöglichkeit vor Wind und Feuchtigkeit.

Das hat durchaus seine Reize – wenn es sich nicht um eine Gefahrensituation oder einen Notfall handelt. Und wenn das Wetter halbwegs mitspielt. Hartgesottene Bergfexe allerdings sagen häufig im Brustton der Überzeugung: „Ein Biwak ohne kalte Füße ist kein Biwak“.

Luxuriös …

In der luxuriösen Variante hat besagter Biwaksack Gestänge im Kopfbereich, fast so wie ein kleines Zelt. So hat man ein wenig Platz, zum Lesen, wenn man den Nerv dazu hat – oder zum Kartenstudium, wenn man auf Nummer sicher gehen mag oder muss.

Das neue Biwak in Südtirol
Die das „Biwak“ umgebende Natur wird sowohl im Außenbereich als auch im Innenraum zum Leitmotiv.

Luxuriöser …

Daneben hat sich unter Alpinisten die Bezeichnung „Biwakschachtel” eingebürgert. Das sind einfache Unterkünfte aus Holz oder Metall, die Platz für wenige Personen bieten. Auch hier können Ausstattung und Komfort extrem unterschiedlich ausfallen. Allerdings: Ofen und Brennstoff, Wasser oder gar Elektrizität sind eher die Seltenheit.

Irgendwie dürften luftige Höhen es dem noa* network of architecture angetan haben. Und irgendwie naheliegend, denn neben Berlin ist eine weitere „homebase” des Architekten-Netzwerks in Bozen, der Landeshauptstadt Südtirols angesiedelt. Und so hat das noa-Netzwerk schon etliche Projekte in Tirol realisiert oder revitalisiert, unter anderem das Hotel Mohr Life Resort.

Gleich zwei aktuelle noa*-Projekte befinden sich hoch oben, eingebettet in der beeindruckenden, hochalpinen Berglandschaft der Grenzregion zwischen Österreich und Italien.

Das Biwak
Panoramafenster bieten eine außergewöhnliche Sicht.

Theke im Biwak
Freier Blick auf die Regionen Hintereis/Weißkugel, Rofental, Schwarze Wand

… am luxuriösesten

Und hier schließt sich der Kreis: Der jüngste, von noa* designte Schutzraum im Schnalstaler Gletscher wurde auf „Biwak“ getauft. Der Zufluchtsort und Aussichtspunkt befindet sich noch im Planungsstadium.

Der Bauplatz liegt auf 3.013 Metern Meereshöhe. Von dort aus bietet er Wanderern und Abenteurern sowohl bei widrigen Bedingungen Schutz als auch einen idealen Standort, um bei Sonnenschein den Blick schweifen und sich von der puren Natur beeindrucken zu lassen.

Das Schnalstal in Südtirol

Skigebiet Schnalstal

Die Ursprünglichkeit, das schroffe Gelände und die wilde Natur prägen den Schnalstaler Gletscher und das Leben auf und um ihn seit Menschengedenken.

Ein Maximum an Natur

Das neue „Biwak“ entsteht aus der Absicht heraus, „gebautes und natürliches zu einer Einheit zu verbinden”, heißt es bei noa*. Das Gebäude mit einer Fläche von 400 Quadratmetern orientiere sich an der Umgebung. Es entsteht sozusagen aus dem Gestein des Bergmassivs selbst und wird so ein Teil davon.

Sowohl die Fassade als auch die Dachflächen werden mit ortstypischem Stein verkleidet. Felsbrocken, welche rings um die Fassade angeordnet werden, lassen das Gebäude gleichsam in das Gelände versinken und verschwinden.

Draufsicht auf das Biwak

Plan Biwak

Im Innenraum ordnen sich Sitzmöglichkeiten um eine Theke an, welche mit der offenen Feuerstelle das Zentrum des „Biwak“ bildet. Drei Sitzbereiche geben durch raumhohe Verglasungen den Blick auf atemberaubende Motive frei: Hintereis/Weißkugel, Rofental und Schwarze Wand.

Ein Maximum an Vorfertigung

Um den Bauprozess zu beschleunigen und erleichtern wurde die gesamte Struktur mit vorgefertigten Materialien entworfen. Es handelt sich um vorgefertigte Stahlbetonplatten, die außen mit Stein bedeckt sind. Vorgefertigte Paneele sind erforderlich, da es unter den klimatischen Bedingungen zu schwierig sei, Zement vor Ort zu werfen. Das Heizsystem wird von einem geothermischen System unterstützt.

Text: Linda Benkö
Renderings: NOA*

Jetzt Newsletter Bestellen <>