Fels in der städtischen Brandung

Milwaukee, Wisconsin. Mit knapp 600.000 Einwohner:innen die größte Stadt im US-Bundestaat – allerdings nicht dessen Hauptstadt (das ist nämlich Madison). Am Westufer des Lake Michigan liegt Milwaukee an der Mündung dreier Flüsse: dem Menomonee, dem Kinnickinnic und, wohl keine große Überraschung, dem Milwaukee River.

Die Spitznamen der Stadt reichen von „Brew City“ (aufgrund der dort ansässigen Bierbrauerei Miller Brewing Company) bis zu „Cream City“, der sich auf die typischen, cremefarbenen Ziegelbauten Milwaukees bezieht. Aus diesen besteht auch das Gebäude der Bibliothek von Milwaukee. Unter deren Dach war bis zum Jahr 1962 das Milwaukee Public Museum (MPM) untergebracht, bevor dieses in einen Neubau übersiedelte. Im Laufe der Zeit wurde daraus allerdings freilich naturgemäß ein Altbau, weshalb sich die Verantwortlichen zu einer nochmaligen Neuerrichtung entschlossen.

Größtes Kulturprojekt

Entworfen wurde das neue Museum von Ennead Architects aus New York in Zusammenarbeit mit dem in Milwaukee ansässigen Studio Kahler Slater. Die beiden Architekturbüros schaffen damit „das größte Kulturprojekt in der Geschichte Wisconsins“, wie es offiziell heißt. Auf einem 2,4 Hektar großen Gelände im Haymarket District in Downtown Milwaukee, einem belebten und beliebten Viertel, wird ein fünfstöckiges Gebäude aus Stahl und Glas errichtet.

Inspiriert wurde der Entwurf von der Landschaft Wisconsins. Die Designer nahmen dafür Anleihe bei der markanten Geologie im Mill Bluff State Park. Der Nationalpark ist für seine Felsformationen berühmt, ebendiesen wurde das neue MPM nachempfunden. Drei Gebäudeteile stellen die ungewöhnlichen Felsen im Mittleren Westen dar. Die abgerundeten, eingekerbten Ecken des Museums sollen die Veränderung der Natur durch Erosion und Verwitterung im Laufe der Jahrtausende widerspiegeln.

Gefühl des Staunens

Das Innere wiederum symbolisiert den Zusammenfluss der drei Flüsse Milwaukee, Kinnickinnic und Menomonee. Über drei Eingänge kommt man in ein von natürlichem Licht durchflutetes Atrium, das man als „lebendigen Begegnungsbereich“ konzipiert hat, wie die Büros erklären. Dies entspreche auch dem Wunsch, das Museum als künftigen Ort der Begegnung und als Bildungsattraktion für Besucher jeden Alters und jeglicher Herkunft zu etablieren.

„Wir wollten einen Raum schaffen, der das Gefühl des Staunens vermittelt, so wie wir es während unserer Reise durch den Staat erlebt haben, als wir diese außergewöhnlichen Landschaften gesehen und so viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Geschichten getroffen haben“, heißt es seitens Ennead Architects.

Eine Reise der Neugier

„Unter jeder Oberfläche gab es noch viel mehr zu sehen und zu verstehen. Bei der Gestaltung des Gebäudes haben wir über dieses vielschichtige Entdeckungserlebnis nachgedacht. Wir wollten ein Museum schaffen, das bei jedem Besuch ein wenig mehr offenbart. Das den Menschen die Möglichkeit gibt, ihre eigene, von Neugier geleitete Reise zu unternehmen“, so Jarrett Pelletier, stellvertretender Direktor von Ennead Architects.

Das Milwaukee Public Museum soll zu einer wahren Erlebniswelt werden. Es wird auf den vier Stockwerken über dem Atrium interaktive Galerien mit multisensorischen Exponaten beherbergen. Dank der flexiblen Gestaltung des Gebäudes können Besucher einen Blick hinter die Kulissen von Sammlungsbereichen und Gegenständen werfen, die normalerweise hinter verschlossenen Türen bleiben. Die Lagerräume des Museums werden nämlich für die Besuchenden geöffnet, sodass man auch Sammlungen besichtigen kann, die nicht Teil aktueller Ausstellungen sind.

Darüber hinaus umfasst der Museumskomplex auch ein Planetarium, Büro- und Laborräume, Klassenzimmer sowie einen Gastronomiebereich. Zwei Gärten entwarf das in Seattle ansässige Landschaftsarchitekturbüro GGN: Einer vor dem Gebäude, der andere auf dem Dach. Dort soll es zudem ein Schmetterlingsterrarium geben.

Der Baustart erfolgte 2023. Das neue Museum soll dann 2026 fertiggestellt sein.

Text: Michi Reichelt
Bilder: Ennead Architects, Wikimedia