Chungnam Art Museum in Südkorea
#architektur

Neues Null-Energie-Kunstmuseum in Südkorea

Hochsaison für spektakuläre und energieeffiziente Museen in Asien: Beim neuen Chungnam Art Museum von UNStudio und der DA Group in Südkorea standen Nachhaltigkeit sowie lebendige, interaktive Räume bei der Planung im Vordergrund.

Neue Museen, Ausstellungs- und Kunsthallen sowie Galerien haben in Asien Hochsaison. Allen gemeinsam ist, dass sie nach teils sehr kreativen Entwürfen errichtet werden und gleichzeitig höchste Ansprüche an Energieeffizienz erfüllen.

Architekten von Rang und Namen haben bereits spannende Projekte vorgelegt oder realisiert. Darunter etwa das Datong Art Museum von Foster + Partners, das als pyramidenförmiger Bau mehrere Funktionen inne hat: die einer riesigen Galerie plus eines sozialen Zentrums. Oder der neue Kulturtempel He Art Museum des Pritzker-Preisträgers und Beton-Minimalisten Tadao Ando im chinesischen Guangdong: ein Rundbau mit spektakulärer Doppel-Helix-Wendeltreppe.

Das Chungnam Art Museum ist ein Null-Energie-Gebäude
Das Museum liegt mit seinen sanft geschwungenen Linien eingebettet im landschaftlich gestalteten Gelände.

Nun gesellt sich das Chungnam Art Museum in Südkorea hinzu. Hier haben UNStudio und die DA Group beim Architekturwettbewerb Konkurrenten wie die renommierten Architekturbüros BIG, Steven Holl, Snøhetta, Grafton und SsD + ALA ausgestochen. Kooperationspartner des siegreichen Konsortiums sind Squint/Opera (digitale Inhalte und Ausstellungsdesign), Loos van Vliet (Landschaftsdesign) und UNSense (Community Content).

Interaktive Schnittstelle zwischen Kunst und Öffentlichkeit

Kunststück: Der Entwurf von UNStudio und DA Group für das Chungnam Art Museum in der Provinz Süd-Chungcheong in der Mitte der koreanischen Halbinsel ging weit über Konzepte für ein traditionelles Museum hinaus, hieß es bei der zweistufigen Kürung des Siegerentwurfs.

Das Chungnam Art Museum werde eine neue Form der interaktiven Auseinandersetzung zwischen Kunst und Öffentlichkeit fördern, so der Ansatz von UNStudio: „Unsere beiden strategischen Ziele waren, die digitale Technik zu nutzen, um die Verbindung zwischen dem Publikum und dem Museum zu stärken und neue Besucher zu gewinnen und zu binden.”

innovatives Museumskonzept, dass mit Technologie die Kunsterfahrung nahbar machen möchte
Das Museum soll ein Ort der Inspiration, der Partizipation sein, der Interaktion zwischen Gemeinschaft und Kunst.

Das Design des Museums unterstützt die Vision der Architekten: Die schlichte kubische Form des Baukörpers mit seinen üppigen Öffnungen ist nicht nur optisch gefällig, sondern ermögliche den Nutzern die gewünschte ganzheitliche Erfahrung der verschiedenen Räume und Kunstwerke.

Von innen nach außen gekehrt

Um Kunst unmittel- und nahbar zu machen, habe man das Museum von innen nach außen gekehrt. Und so schaffe man einen lebendigen, vielfältigen und atmenden Raum, ein kulturelles und soziales Erlebnis für die Besucher und Bürger, zu dem sie beitragen können, so der Gründer und leitende Architekt von UNStudio, Ben van Berkel.

„Das Design dieses Kunstmuseums befasst sich mit neuen Möglichkeiten, wie wir Kunst und Design erleben und Geschichten darüber austauschen können – sowohl physisch als auch digital. Und die Architektur muss dieses Erlebnis unterstützen.”

Digital, interaktive, modern
Mit hochmodernen Einrichtungen will sich das Museum als Plattform gerieren, auf der Menschen zusammenkommen, um sich auf spannende Weise aktiv mit Kunst und Technologie auseinanderzusetzen.

„Big Details”

Aus diesem Grund wurden zwei große, prägende Details in den Entwurf integriert: der zentrale Innenhof und der Kulturboulevard. Diese beiden „Big Details” seien von entscheidender Bedeutung für die Schaffung von Kommunikationsräumen sowie für die Wegführung. Sie ermöglichten es den Menschen, den Raum und die Kunst auf verschiedenen Wegen und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu erleben.

Ein ähnlicher Ansatz findet sich in früheren Arbeiten von UNStudio, wie dem Het Valkhof Museum in den Niederlanden. Hier sind die beiden „großen Details” die Decke und eine Treppe, die die verschiedenen Ausstellungsräume miteinander verbinden und die Besucher durch das Gebäude führen.

Markante, weiße Doppelfassade

Im zentralen Innenhof des Chungnam Art Museum können Interaktion, Lernen und Kommunikation statt finden. Der Kulturboulevard wiederum verbindet den Innen- mit dem Außenbereich – gleichzeitig auch die umgebende Naturlandschaft und die Chungnam-Bibliothek mit dem Kunstzentrum.

Die Verkleidung des Gebäudes besteht aus einer markanten weißen Doppelfassade.

Kunst hat die Kraft, Menschen zusammenzubringen. Sie inspiriert, sie lehrt und sie fördert die Gemeinschaft. Das Chungnam Art Museum wird ein Ort sein, an dem jeder diese Erfahrung machen kann – und natürlich noch viel mehr.

Ben van Berkel, leitender Architekt von UNStudio

Positive Energie-Bilanz

Nicht nur das Nutzungskonzept ist ambitioniert. Auch vom energetischen Aspekt her will man in Südkorea neue Maßstäbe setzen: Das Chungnam Art Museum soll eines der ersten lokalen Null-Energie-Museen sein. Ziel ist, dass der jährliche Gesamtenergieverbrauch geringer ist, als die Energieerzeugung.

Nachhaltigkeit war ein wichtiger Bestandteil des Entwurfs von UNStudio
Nachhaltigkeit war ein zentraler Bestandteil des Entwurfs von UNStudio.

Für die positive Energie-Bilanz sorgen die Solarpaneele sowie die Ausnutzung der natürlichen Sonneneinstrahlung und Optimierung der Kühlung. Die Parkplätze und Sitzbereiche werden durch Sonnenkollektoren beschattet.

Intelligente Lichtsteuerung

Gekrönt wird das Gebäude von einer Dachterrasse – mit Bar und Bibliothek. Durch das große Oberlicht gelangt viel natürliches Licht ins Innere. Und dank der tageslichtgesteuerten LED-Beleuchtung wird das Licht nur bei Bedarf eingeschaltet.

Charakteristika des Chungnam Art Museum: Große Lobby im Inneren und „Kulturboulevard”.

Im Inneren gruppiert sich alles um eine große, mit geschwungenem Holz verkleidete Lobby. Von ihr aus haben die Besucher unkomplizierten Zugang zu den verschiedenen Ausstellungsbereichen, zu den Verkaufsflächen, Vortragsräumen und Toiletten.

Kühlung mit Regenwasser

Regenwasser wird aufgefangen und als Verdunstungskühlung in der Nähe des Eingangs und zur Kühlung im Inneren des Gebäudes verwendet. Die Lüftungsschlitze im oberen Teil des Gebäudes öffnen sich automatisch, um den Innenraum auf natürliche Weise zu kühlen.

Bei einer durchschnittlichen Jahrestemperatur in der Region von 16 Grad Celsius werden es die Besucher – und die Museumsbetreiber – danken, im Juli und August kratzt die Quecksilbersäule regelmäßig an der 30-Grad-Marke.

Text: Linda Benkö
Renderings/Fotos: Bloomimages, UNStudio

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