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Das Office aus dem Hinterhof

In der Coronapandemie hat sich das junge Architektenbüro ByOthers ein Office in den Hinterhof in Peckham, London, gebaut. Das sieht nicht nur gut aus, sondern ist auch effizient.

Spätestens seit der Coronapandemie ist unser Home auch unser Office. Klar, es ist schon praktisch: Man spart sich die Zeit für den Arbeitsweg, ist flexibler, kann sogar mal die Wäsche in die Waschmaschine schmeißen. Allerdings kann das Arbeiten von zu Hause auch herausfordernd sein, insbesondere wenn es um die Trennung von Privat- und Berufsleben im Wohnzimmer geht. Und wenn wir eines in der Pandemie gelernt haben, dann ist es, wie wichtig die klare Abgrenzung beider Bereiche für unsere Work-Life-Balance ist.

ByOthers, ein Architekturstudio, das 2020 von Richard Keys in Peckham, London, gegründet wurde, liefert eine Lösung. Während der Pandemie hat das Studio nämlich im eigenen Garten ein kleines Büro namens The Drawing Shed gebaut. Dieses wurde vor dem Hintergrund konzipiert, den Arbeitsplatz vom Wohnhaus zu separieren.

Ein vielfältiger Ort

Stichwort Hintergrund: Auch Peckham im Südosten von London, in dem das Büro liegt, hat einen spannenden Hintergrund. Ursprünglich war der Stadtteil nämlich ländliches Gebiet, bis es sich im 19. Jahrhundert zu einem wichtigen Industriezentrum entwickelte. Während des zweiten Weltkrieges erlitt Peckham schwere Schäden durch die Bombenangriffe. In der Nachkriegszeit begannen die Aufbauarbeiten, Peckham wurde zu einem Wohngebiet mit einer diversen Gemeinschaft. So wird ein Teil Little Lagos genannt, da ab den 1970er Jahren viele Nigerianer und Nigerianerinnen dort ein neues Zuhause gefunden haben.

Heute ist Peckham einer der multikulturellsten Orte in London. Hier wohnen Ausgewanderte aus Nigeria, Pakistan, Korea, Thailand und anderen Nationen zusammen mit gebürtigen Britinnen und Briten. Gleichzeitig ist das Viertel auch für die lebendige Kunst- und Kulturszene bekannt. Wer kleine Galerien, außergewöhnliche Geschäfte und hippe Veranstaltungsorte sucht, wird hier fündig. Und wo es Kunst und Kultur gibt, sind auch Architekturbüros nicht weit.

Flucht in den Garten

The Drawing Shed befindet sich am hinteren Ende eines Reihenhausgrundstücks und ist nur über das straßenseitige Gebäude zugänglich. Die Baumaterialien mussten sogar durch den schmalen Flur des Wohnhauses in den Garten getragen werden, um dort verbaut werden zu können.

Konzipiert wurde das Gartenbüro mit drei kleinen, untereinander verbundenen Blöcken. Diese haben verschiedenen Funktionen: ein Block für die Arbeit, ein Block für Meetings und ein Block mit Sanitäranlagen und einer Küche. Von außen betrachtet wirkt es so, als würden sich diese Blöcke gegenseitig stützen. Das markante Dach des Studios wiederrum hat eine verspielte, wellenförmige Form.

The Drawing shed

Beton, nein danke

Beim Bau des Fundaments war Beton keine Option für die Architekten. Stattdessen schraubten sie Metallpfähle tief in den Boden, auf denen ein Holzrahmen mit einem Holzfloss errichtet wurde. Durch die manuelle Installation der Pfähle konnte auf das herkömmliche Betonfundament verzichten werden.

Die Außenfassade des Studios besteht aus maßgefertigten Cortenstahlplatten, die individuell an die ungewöhnliche geometrische Form des Dachs angepasst wurden. Um sicherzustellen, dass die Stahlplatten korrekt installiert wurden, entwickelte ByOthers sogar einen geometrischen Code, der per Laser in den Sockel der Platten geschnitten wurde.

Probier’s mal mit Gemütlichkeit

Im Inneren des Drawing Sheds herrscht eine gemütliche und freundliche Atmosphäre. Das liegt vor allem an dem Mobiliar aus hellem Holz und Topfpflanzen. Außerdem sorgt eine Glasfront für ausreichend Tageslicht in den drei Blöcken. Durch diese Glasfront, die auch gleichzeitig als Eingang dient, gelangt man auf eine kleine Terrasse; scheint in London mal ein bisschen Sonne, kann man dort die Wärme genießen.

Die Sanitäranlagen im hinteren Block sind mit schillerndem Stahlblech verkleidet. Dieses dient auch als magnetische Pinnwand, um Skizzen und Pläne aufzuhängen.

Mehr als ByOthers

Neben den traditionellen Dienstleistungen eines Architektenbüros entwickeln ByOthers eigene Projekte und führt diese auch vor Ort aus. Mit Places.ByOthers entwickeln sie eigene Bauprojekte und setzten sich ehrgeizige Umweltziele, um zu beweisen, dass preiswerter, hochwertiger und kohlenstoffarmer Wohnraum möglich ist, während das Team Built.ByOthers aus hochqualifizierten Bauarbeitern besteht. Sie sind in ganz London tätig und sollen die geplanten Projekte realisieren.

Das Gartenstudio ist zwar das erste Projekt, dass das Team fertiggestellt hat, aber ByOthers arbeitet bereits mit der Methodistischen Kirche in einem ländlichen Dorf in Nordirland zusammen, um einen stillgelegten örtlichen Sportverein in ein lebendiges Gemeindezentrum umzuwandeln. Außerdem plant man eine Wohnsiedlung in West Norwood, Südlondon.

Damit zeigt das Team von ByOthers, dass es auf Zusammenarbeit, Aktivität und interdisziplinäres Denken in seinen Projekten setzt. Ihr Ziel ist es, umwelt- und sozialverträgliche Projekte zu realisieren, die den Ort und die Menschen rundherum einbeziehen.

Text: Resi Reiner
Fotos: ByOthers

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