Osaka 2025: Der „bewegende“ EXPO-Pavillon. (Bild: Zan Studio)
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Der „bewegende“ EXPO-Pavillon

Architektur als Allegorie des idealen Lebenswegs: Apropos Architects‘ für Osaka 2025 gestalteter, tschechischer Beitrag wird wohl für Aufsehen sorgen. Denn der „bewegende“ EXPO-Pavillon verbindet Nachhaltigkeit und kunstvolles Design mit einer anregenden Botschaft.

Man könnte meinen, ein elegantes, spiralförmiges Glasobjekt aus der Zukunft sei auf der Erde gelandet. Eines, das trotz seiner Größe ein bisschen wie einer jener legendären Kronleuchter wirkt, für die Böhmens Glaskünstler seit jeher weltberühmt sind. So scheint’s jedenfalls beim ersten Blick auf den Siegerentwurf, mit dem das Büro Apropos Architects den Wettbewerb um Tschechiens Beitrag für die Weltausstellung in Osaka 2025 für sich entschieden hat. Mit gutem Grund. Denn dass das Bauwerk an die traditionelle Handwerkskunst des  Landes erinnert, ist längst nicht alles. Der „bewegende“ EXPO-Pavillon hat deutlich mehr zu bieten.

Gebauter Aufruf zur Aktivität

Die Architektur des tschechischen Pavillons für die EXPO im japanischen Osaka steckt voll innovativer Ideen. Und eine Botschaft hat sie auch. Das Team von Apropos Architects bezeichnet sie gar als „ausgeklügeltes Instrument zur Erreichung einer höheren Form der Lebensfähigkeit“. Demnach ist die dynamische Spiralbewegung nach oben eine Allegorie des idealen Lebenswegs: „Die skulpturale Form des Pavillons macht die Bewegung zu einem wesentlichen Werkzeug zur Erhaltung der körperlichen Vitalität“.

Einladend und barrierefrei: Die breite, durchgehende Rampe des tschechischen EXPO-Pavillons für die Weltausstellung in Osaka 2025 verführt Besucher, die Ausstellungsräume zu „erwandern“. (Bild: Zan Studio)
Einladend und barrierefrei: Die breite, durchgehende Rampe des tschechischen EXPO-Pavillons verführt Besucher, die Ausstellungsräume aktiv zu „erwandern“.

Der Pavillon ermutigt den Besucher ausdrücklich, sich in irgendeiner Form körperlich zu betätigen, während der Inhalt zur kreativen Auseinandersetzung mit geistigen und kulturellen Werten anregt. Apropos Architects‘ Konzept basiert auf der These eines von der Bewegung des Körpers und der Seele geprägten Raumes: „Durch die aktive Bewegung des Besuchers im Inneren des Pavillons materialisieren sich die kulturellen Inhalte. Und so wird die Reise des Besuchers vollendet: Er erlangt innere Vitalität“.

Faszinierende Spirale

Wer jetzt eine Art „Art-House Fitnesscenter“ vorm geistigen Auge hat, irrt gewaltig. Dass die Weltausstellung – wie Dubai 2020 einmal mehr bewies – zur Leistungsschau internationaler Branchen-Stars gerät, ist bekannt. Doch der Entwurf des jungen Apropos Architects Teams hat absolut das Potenzial, hervorzustechen: Der „bewegende“ EXPO-Pavillon, der Tschechien in Osaka 2025 repräsentieren wird, setzt die Idee der Architekten nämlich ebenso geschickt wie spannend um. Dies beginnt schon bei der markanten Silhouette. Die eingefrorene Geste der Bewegungsbahn – die Spirale – antwortet explizit auf die innere Anordnung, die die äußere Form bestimmt. 

Tragwerk aus Brettsperrholz, Fassade aus kunstvoll gestalteten Glaspaneelen: Der Siegerentwurf des jungen Apropos Architects Teams für die EXPO Osaka 2025. (Bild: Apropos Architects / Zan Studio)
Tragwerk aus Brettsperrholz, Fassade aus kunstvoll gestalteten Glaspaneelen: Der …

Tragwerk aus Brettsperrholz, Fassade aus kunstvoll gestalteten Glaspaneelen: Der Siegerentwurf des jungen Apropos Architects Teams für die EXPO Osaka 2025. (Bild: Apropos Architects / Zan Studio)
… Siegerentwurf des jungen Apropos Architects Teams für die EXPO Osaka 2025.

Die barrierefreie spiralförmige Rampe des Ausstellungsraums umschließt den Hohlraum des multifunktionalen Auditoriums, das das Herzstück des Gebäudes bildet. Dieses erhebt sich mit einem Innendurchmesser von 15,5 Metern bis auf eine Höhe von zwölf Metern über den Boden.

Die Ausstellungsrampe steigt mit. Ihre Bewegung wird von der Sitzrampe für die Besucher gespiegelt. Und diese bildet eine Art Auditorium innerhalb des Auditoriums, das von mehreren Punkten der Spirale aus betreten werden kann.

Top-Aussicht für Osaka 2025

Die Spirale, die sich in logischer Folge ums Auditorium windet, fungiert als Ausstellungs- und Kommunikationsbahn. Sie ermöglicht den Besuchern komfortable und lineare Aufwärtsbewegung. Die Ausstellungsfläche umfasst 402 Quadratmeter. Und die zwischen 1,8 und sieben Metern Breite variierende Rampe mündet in zwölf Metern Höhe in eine großzügige Aussichtsterrasse mit Restaurant und Bar. Von dort aus sollen Gäste in Osaka 2025 dann freien Blick aufs Meer, durchs gläserne Oberlicht aber auch hinunter in den Zuschauerraum genießen.

Die Aussichtsterrasse des tschechischen Pavillons für die Weltausstellung in Osaka verspricht famosen Blick aufs Meer, aber auch ins Innere des Bauwerks. (Bild: Zan Studio)
Die Aussichtsterrasse des tschechischen Pavillons für die Weltausstellung in Osaka verspricht famosen Blick aufs Meer, aber auch ins Innere des Bauwerks.

Insgesamt braucht der schöne EXPO-Pavillon 621 Quadratmeter Baufläche und schafft 1.623 Quadratmeter Nutzfläche. In den Hohlraum der Doppelwände des Zylinders weben die Architekten eine Treppe ein. Diese ermöglicht den Abstieg ins Erdgeschoss des kommerziellen Bereichs, der das letzte Kapitel der Ausstellung bildet.

Glaskunst-Tradition, mal anders

Tschechiens Repräsentationsbauwerk für Osaka 2025 nutzt seine exponierte Lage am Rand der Küstenpromenade: Das außergewöhnliche Design dürfte bei jedem Wetter Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Die Fassade besteht aus Isolierglaspaneelen mit Doppel- oder Dreifachverglasung. Die äußere Scheibe jedes Paneels wird künstlerisch bearbeitet. Laut Plan werden die Paneele im so genannten Sinterverfahren (auch „Fusing“ genannt) verarbeitet. 

Bunt präsentiert, elegant designt: Tschechiens EXPO-Beitrag. (Bild: Zan Studio)
Bunt präsentiert, elegant designt: Tschechiens EXPO-Beitrag.

Auf der Kristallscheibe aus eisenarmem Floatglas werden geschnittene Streifen aus anderem Glas in verschiedenen Schichten übereinander geritzt. So, dass ein von linear erhabenen, vor allem aus der Umgebung von Kamenický Šenov bekannten Basaltröhren inspiriertes Motiv entsteht.

Von Holz getragen

Was das Tragwerk des tschechischen EXPO-Pavillons für Osaka 2025 betrifft, setzt das Büro Apropos Architects auf ein regelmäßiges Rahmensystem aus Brettsperrholz-Paneelen. Diese bilden eine durchgehende Struktur, die sich konsequent ans grundlegende Konzept hält: In Form der spiralförmigen Ausstellungsrampe, unterteilt in sechsunddreißig Segmente innerhalb einer einzigen Umdrehung um das Auditorium.

Die regelmäßige Unterteilung der Segmente dient auch Transport- und Aufbaufähigkeit sowie späterer Demontage.

Multifunktional: Das Auditorium des von Apropos Architects designten tschechischen EXPO-Pavillons für Osaka 2025. (Bild: Apropos Architects)
Multifunktional: Das Auditorium des von Apropos Architects designten EXPO-Pavillons.

Dem Gesamtkonzept der Weltausstellung in Osaka 2025 folgend, ist die primäre Energiequelle des EXPO-Pavillons Elektrizität. Im Sinne angestrebter Nachhaltigkeit sieht Apropos Archiects‘ Plan vor, Regenwasser von den befestigten Flächen aufzufangen und nach Reinigung wiederzuverwenden.

Die Geometrie des Bauwerks trägt zur Beschattung der Innen- und Außenbereiche bei. Und integrierte Sichtschutzrollos bieten zusätzlichen Schutz vor Sonnenhitze. Der Pavillon bekommt auch eine Klimaanlage, die an eine zentrale Kühlquelle angeschlossen wird.

Vorgefertigt nach Osaka 2025

Um die zeitgerechte Herstellung zu gewährleisten und den Aufbau des extravaganten Gebäudes bei der Weltausstellung in Japan zu vereinfachen, soll das Gros der Bestandteile in der Tschechischen Republik vorgefertigt werden. 

Osaka 2025: Der „bewegende“ Pavillon“, den Apropos Architects als tschechischen Beitrag zur Weltausstellung designt hat. (Bild: Zan Studio)

Osaka 2025: Der „bewegende“ Pavillon“, den Apropos Architects als tschechischen Beitrag zur Weltausstellung designt hat. (Bild: Zan Studio)

Bei der Konzeption des siegreichen Entwurfs wurde das aus Michal Gabaš, Tomáš Beránek and Nikoleta Slováková bestehende Apropos Architects Team von Architektin Tereza Šváchová und Lunchmeat Studio unterstützt.

Zukunft nach der Weltausstellung

Kehrt der Pavillon dann nach der EXPO Osaka 2025 in sein Ursprungsland zurück, gehen seine Planer von weiterer Nutzung aus. Schließlich würde sich das schöne Bauwerk – minimal abgeändert – bestens für museale oder galerieartige Ausstellungszwecke eignen. Und der Pavillon würde so den Endpunkt seines eigenen „bewegten“, idealen Lebenswegs erreichen.

Text: Elisabeth Schneyder
Bilder: Apropos Architects / Zan Studio

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