Der jüngste Noma-Ableger POPL von Stargastronom René Redzepi zeigt in Kopenhagen, was Fast Food drauf hat. Wir haben mit Architektin Malene Hvidt von Spacon & X Burger gegessen und über das fein gecraftete Interior gesprochen.

Die Ankündigung von Stargastronom René Redzepi, das Noma mit Ende des Jahres zu schließen, hat in Kopenhagen niemanden beunruhigt. Während die großen Tageszeitungen der Welt den „Tod des Fine Dining“ prophezeiten, zeigt man sich in der dänischen Hauptstadt gelassen und wartet darauf, dass sich das mehrfach zum besten Restaurant der Welt gewählte Noma wieder einmal neu erfindet. Die Zeichen dafür stehen gut. Derzeit gastiert das gesamte Team mit einem 10-wöchigen Pop-up im Ace Hotel in Kyoto. Und aus einem Sommer-Pop-up, das den Kopenhagenern zu Pandemiebeginn eine willkommene kulinarische Abwechslung bot, ist das beste Burger-Lokal der Stadt entstanden: das POPL.

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Die Anlehnung an japanische Izakaya ist vor allem im Barbereich spürbar.

Ein Burgertempel für Kopenhagen

Der Name stammt vom lateinischen Begriff „Populus“ und bedeutet „das Volk“. Statt nordischer Edelküche für zahlungskräftige Touristen kredenzt man hier dem Volk also Burger, und zwar aus der bewährten Craft Cuisine. Die Zutaten: Bio-Rindfleisch aus dem Nationalpark Vadehavet an der dänischen Westküste, Quinoa-Tempeh aus Nomas Fermentationslabor und raffinierte saisonale Beilagen. 

Weil auch gehobenes Fast Food eine passende Bühne braucht, hat man das Design- und Architekturstudio Spacon & X mit dem Einrichtungskonzept beauftragt. Das in Kopenhagen ansässige Büro ist für seinen multidisziplinären Ansatz bekannt und wurde vor wenigen Jahren von Frame und Dezeen zum Emerging Designer of the Year gewählt. 

Die Räumlichkeiten für den Burgertempel fand man im ehemaligen Noma-Ableger 108 im Stadtteil Christianshavn, das im Zuge der Pandemie schließen musste. Das industrielle Ambiente des ehemaligen Hafenlagers bekommt durch die warmen Holzoberflächen und die natürlichen Materialien einen organischen Kontrapunkt. Eine Pflanzenbrücke, die den hohen Luftraum durchkreuzt, skaliert die Größe des Raumes und schafft eine lauschige Atmosphäre an den Tischen darunter.

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Blick in die Küche des POPL: Naturgeöltes Kerneschenholz trifft auf rohen Beton.

Kerneschenholz und Kornblumen

„Zu Beginn unserer Zusammenarbeit wurden wir ins Noma eingeladen“, erzählt Malene Hvidt, Architektin und Partnerin von Spacon & X, während wir im POPL auf unsere Craft-Burger warten. „Ich war zum ersten Mal dort und war beeindruckt von dieser ganzheitlichen Erfahrung und der enorm hohen Qualität, die sich in jedem Detail widerspiegelt.“ Trotz enormen Zeitdrucks – innerhalb von zwei Monaten musste das Design stehen – sind sie diesem Ansatz auch bei ihrem Interior-Konzept für POPL gefolgt. 

Im Mittelpunkt unseres Konzeptes steht die Aufmerksamkeit und Sorgfalt für Details und das Ziel, den Gästen einen warmen Empfang zu bereiten, für den Noma so bekannt ist.

Malene Hvidt, Architektin und Partnerin von Spacon & X

Natürliche, rohe Materialien, ehrliches Design und bodenständiges Handwerk waren die Eckpfeiler ihrer Überlegungen. Die Materialpalette ist sehr organisch und reicht von naturgeöltem braunem Kerneschenholz für die Sitzmöbel, Glas, Papier und Seegras für die Lampen sowie getrocknete und gepresste Kornblumen für die Akustikpaneele an der Decke. „Im Mittelpunkt unseres Konzeptes steht die Aufmerksamkeit und Sorgfalt für Details und das Ziel, den Gästen einen warmen Empfang zu bereiten, für den Noma so bekannt ist“, so Hvidt.

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Die Stühle, Tische und Kleiderständer haben Spacon & X eigens für das Burgerlokal entworfen.

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Die Möbel wurden gemeinsam mit dem deutschen Produzenten e15 hergestellt.

Izakaya trifft American Diner

Wir sitzen auf Barhockern an einem großen Tisch im vorderen Bereich des Restaurants. Die servierten Burger sind bodenständig und man kann sich sicher sein, dass ihr satter Umami-Geschmack an den hochwertigen Zutaten und der elaborierten Zubereitung liegt. Ähnliches lässt sich auch über die Einrichtung sagen. Die hellen Holzmöbel haben Spacon & X eigens für das Lokal entworfen.

„Es war gerade Lockdown, und wir haben uns die Skizzen hin und her gemailt“, beschreibt Hvidt den Entwurfsprozess. Mit ihrer minimalistischen Form und der weichen Haptik passen sie wunderbar zum momentanen Japandi-Trend, dem japanisch-skandinavischen Crossover. Gleichzeitig vermittelt ihre archaische Form und die handwerkliche Qualität etwas Klassisch-zeitloses. Die Stühle, Tische und Garderoben sind allesamt maßgefertigt und wurden in Zusammenarbeit mit dem deutschen Möbelhersteller e15 produziert. 

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Eine Pflanzenbrücke verbindet die Betonsäulen und schafft einen organischen Kontrapunkt zum industriellen Ambiente des ehemaligen Hafenlagers.

Das stilistische Crossover beim Interior ist durchaus Programm. Die Inspiration für das Design kommt nämlich unter anderem aus Japan, und zwar konkret vom Gastronomietyp der Izakaya. Das sind meist einfache Trinklokale, in denen eine Auswahl an kleinen Speisen serviert wird.

Entsprechend bekannt ist das POPL auch für seine Cocktails, allen voran die Spicy Margarita, die Architektin Hvidt wärmstens empfiehlt. Als Zaunwink in Richtung Herkunft des Burgers lassen sich auch Zitate aus dem American Diner finden, wie die hohen Rückenlehnen und die gelbe Lederpolsterung der Sitzbänke.

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Paneele aus getrockneten Kornblumen sorgen nicht nur für eine angenehme Akustik, sondern auch für einen süß-würzigen Duft.

Welthauptstadt der Architektur

Das POPL erweitert den kulinarischen Horizont des Hamburgers und das in einem sorgfältig gecrafteten, organischen Setting. Das Interior zählt zu den ausgewählten Design-Hotspots von Kopenhagen, das sich in diesem Jahr als UNESCO-Welthauptstadt der Architektur präsentiert. 

Neben der neuen Dauerausstellung „So Danish!“, die soeben im Dänischen Architekturzentrum DAC eröffnet wurde, gibt es über das Jahr verteilt an die 300 Programmpunkte, die die herausragende Architektur und das prägende Design dieses kleinen Landes erlebbar macht. Einen guten Überblick schafft Visit Copenhagen.

Text: Gertraud Gerst
Fotos: Bjørn Bertheussen

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