Zaha Hadid
#architektur

Die teuerste Immobilie der Welt

Wenn allein schon der Baugrund drei Milliarden Dollar kostet, wird die Sache automatisch echt teuer! Klar, dass dieses luxuriöse Fleckchen Hongkongs nur Zaha Hadid Architects beackern dürfen.

Tatsächlich ist allein schon der Grundstein des von Zaha Hadid Architects geplanten Wolkenkratzers im Herzen Hongkongs der vermutlich teuerste seiner Art. Und das kommt daher:

Das im Jahr 1973 eröffnete Parkhaus mit dem etwas sperrigen Namen Murray Road Multi-Storey Car Park Building wurde im Jahr 2017 nach monatelangen Verhandlungen mit der Stadtverwaltung vom Bauträger Henderson Land Development um den sagenhaften Betrag von drei Milliarden Dollar erworben. Das macht es zum damals wie auch heute noch teuersten Grundstück der Welt. Und schon damals war klar: Die neuen Eigentümer wollen nicht möglichst viele Parktickets verkaufen, um die Summe wieder einzufahren!

Zaha Hadid

Zaha Hadid

Seit wenigen Tagen kennt nun die Öffentlichkeit endlich den Masterplan, der hinter dem Mega-Investment steckt. Auf dem Filetstückchen Hongkongs wird ein 36-stöckiger Wolkenkratzer entstehen. Und der wird nicht nur alle Stückerl spielen, sondern auch international für möglichst viel Aufsehen sorgen. Deshalb wurde das nach wie vor berühmteste Architektur-Studio der Welt mit der Planung des Baus beauftragt: Zaha Hadid Architects. Nun enthüllte das zuständige Architektur-Team nach langem Warten endlich seine Pläne. Zusammengefasst kann man schon jetzt sagen: Unverkennbar ein Zaha-Hadid-Bau.

Zaha Hadid in Höchstform

Aber sehen wir uns die Sache doch etwas genauer an. Der 36-stöckige Wolkenkratzer wird die Adresse Murray Road 2 tragen und im zentralen Geschäftsviertel von Hongkong emporwachsen. Das heißt: Neben dem Bank of China Tower von IM Pei und in unmittelbarer Nähe des HSBC-Gebäudes von Foster + Partners.

Zaha Hadid
Hongkong

Somit ist offensichtlich, dass dieses Hochhaus nicht mit seiner Höhe Eindruck schinden will – vielmehr geht es tatsächlich um die Location und die einmalige Optik! Denn da haben Zaha Hadid Architects wirklich tief in den für sie so typischen Organische-Formen-Topf gegriffen.

Seifenblasen aus Glas

Die außenliegende Glasfassade wird fast seifenblasenartig das Objekt in unterschiedliche Segmente gliedern. Und in den gigantischen Bubbles werden lauter kleine Wälder die Blicke durch das Glas auf sich ziehen.

Himmelsgarten für Sportskanonen

Zudem werden die Glasblasen von Außenbalkonen und Terrassen gesäumt, um die organische Optik auch haptisch erfassbar zu machen. Direkt unter dem höher gelegenen Balkon, der sich etwa im zweiten Drittel des Wolkenkratzers hinaufzieht, wird sich zudem ein so genannter Himmelsgarten befinden. Eine Parkanlage, die nicht nur zum Flanieren gedacht ist, sondern tatsächlich, um Sport zu treiben: Gar eine echte Laufbahn ist hier geplant.

Kleine Details, große Wirkung

Ein Detail, das eben gerade in einer Stadt wie Hongkong, die in ihrem Zentrum über kaum Freiflächen verfügt, gut ankommt. Genauso wie der supermoderne Festsaal an der Spitze des Wolkenkratzers – mit Blick über eben diese versiegelte Weltstadt.

Zaha Hadid

Zaha Hadid

Aber kommen wir zurück zur organischen Form des spektakulären Baus. Diese ungewöhnlichen Glasblasen kommen freilich nicht von ungefähr. Vielmehr wollen die Planer von Zaha Hadid damit an die Form einer Knospe der so genannten Bauhinia-Pflanze erinnern. Eine Orchideen-Art, die einst in der Nähe des Grundstücks gezüchtet wurde und außerdem als Symbol auf der Stadtflagge abgebildet ist. Zitat des Studios: „Der Entwurf interpretiert die strukturellen Formen und die Schichtung einer kurz vor der Blüte stehenden Bauhinia-Knospe neu.“

Die prachtvolle Blüte der Bauhinia ziert die …

… Flagge Hongkongs und diente hier als Inspiration.

Doch nicht nur in der Optik schlägt sich diese besondere Blüte nieder – auch in der Organisation des Wolkenkratzers. Dazu heißt es offiziell: „In Anlehnung an die organischen Formen der natürlichen Welt verbindet sich die Neugestaltung mit den angrenzenden öffentlichen Gärten und Parks.“

Auch ein Stängel muss sein

So wird der Hauptkörper des Wolkenkratzers wie am Stängel einer Pflanze hängend über den Boden gehoben sein und auf diese Weise in das Netz der erhöhten Fußgängerwege der Stadt eingebunden werden. Auf diese Weise wiederum wird Platz geschaffen, um eine Reihe von Höfen und Gärten unter dem Gebäude zu platzieren.

Nahtlose Verbindung von innen nach außen

„Diese ruhigen Außenbereiche fließen in die großzügigen Gemeinschaftsräume des Innenraums ein. Die handwerkliche Kunstfertigkeit und Präzision der gebogenen Glasfassade verstärken diese nahtlose Verbindung zwischen den Innenräumen des Gebäudes und den umliegenden Gärten und der Stadt dahinter“, steht in den offiziellen Präsentationsunterlagen nachzulesen.

Und wenn schon etwas irgendwie an eine blühende Blume erinnert, dann muss es gerade in Tagen wie diesen auch auf die filigranen Inspirationsgeber Rücksicht nehmen. Stichwort: Umweltschutz! Und so erreicht der Wolkenkratzer ein Nachhaltigkeitsrating von LEED Platin und die höchste 3-Sterne-Bewertung im chinesischen Green Building Rating Programm.

Alles wird grün gedacht

Die Erklärung im Fachjargon klingt dazu so: Der aus einer hochfesten Stahlkonstruktion gebaute Wolkenkratzer wird mit vierlagigen, doppelt laminierten, doppelt gekrümmten Isolierglaseinheiten verkleidet. Außerdem werden alle Stockwerke natürlich belüftet.

Und was kostet der Spaß?

Was sich allerdings gerade in Anbetracht der enormen Investitionssumme (allein der Grundpreis reicht, um diese Aussage treffen zu können) auf die einzelnen Büro- und Wohneinheiten für Auswirkungen haben wird, bleibt derzeit noch ein Geheimnis. Allerdings wird die Sache wohl ziemlich sehr, sehr teuer werden.

Denn: In keinem anderen Land der Welt ist der Wohnungsmarkt so überteuert wie hier. Preistreiber in der Sonderverwaltungszone an der Südküste der Volksrepublik China sind Immobilien aus dem sogenannten Prime-Sektor. Quadratmeterpreise von 38.000 Euro sind völlig normal. Und dieser wird bei diesem Projekt wohl noch um einiges höher liegen.

Stellt sich rückblickend also nur noch eine (nicht ganz ernst gemeinte) Frage: Was bitte hat an diesem Ort zuletzt das Parkticket pro Stunde gekostet?

Text: Johannes Stühlinger
Bilder: Zaha Hadid Architects; Wikipedia

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