Während in Amsterdam ungefähr 2.500 Hausboote in den Grachten schaukeln, liegen in der blauen Donau nur ein paar wenige vor Anker. Dabei ist das Wohnidyll am Wasser in Wahrheit unschlagbar.

Das Platschen? Das war vermutlich ein Biber. Und wer nicht zu hektisch herumhüpft, der darf sich bald über den Besuch von ein paar stattlichen Schwänen freuen. Tatsächlich wohnt dem Leben in einem Hausboot nicht bloß in romantischen Traumwelten ein besonderer Naturzauber inne. „Es ist einfach ganz besonders“, sagt Sascha Haas. Und er muss es wissen – der Mann hat nicht nur selbst ein Hausboot, er baut die schwimmenden Lebensoasen sogar! Aber dazu später.

Perfekte Hausboot-Bedingungen

Tatsächlich bieten die Donau und vor allem ihre stillen Seitengewässer die perfekten Bedingungen, um sich mit einem Hausboot auf dem Fluss niederzulassen. Trotzdem schwimmen in Österreichs Vorzeigefluss nur wenige dieser ungewöhnlichen Behausungen. Im Raum Wien sind gerade einmal fünf Hausboote bekannt, nicht mehr. Zum Vergleich: Allein in den Amsterdamer Grachten schaukeln 2.500 bewohnte Heime!

Hausboote in den Amsterdamer Grachten
Während in Wien nur eine Handvoll Hausboote in der Donau vor Anker liegt, sind in den Grachten Amsterdams 2.500 schwimmende Heime gemeldet.

Dabei ist die Nachfrage durchaus gegeben, wie Haas weiß. Allein, die Behörden lassen die meisten Hausboot-Träume schon von vornherein platzen. „Es ist im Grund unmöglich direkt im Herzen Wiens die Genehmigung für ein Hausboot zu erhalten“, seufzt Haas. Deshalb liegt seines auch im Kuchelauer Yachthafen, am Rande der Hauptstadt. Und selbst hier war’s ein kleines Tauziehen, bis sämtliche Genehmigungen eingeholt und alle Auflagen erfüllt waren. Kleines Beispiel: Ein Hausboot muss überraschenderweise einen Motor haben und wie ein echtes Boot manövrierfähig sein – obwohl es dieses Eigenschaft in der Realität eigentlich gar nicht brauchen würde.

Viele PS und andere Überraschungen

Doch Haas hat aus der Not eine Tugend gemacht – und gleich einen 8-Zylinder-Motor mit 260 PS eingebaut, der so laut gluckert und röhrt, dass jeder US-Bolide vor Neid erblassen würde. Dessen Steuereinheit ziert zudem das Dach des schwimmenden „Motorhomes“ und ermöglicht dem Haus-Kapitän einen ganz besonders eindrucksvollen Über- und Ausblick. Doch auch unter der Motorhaube verbirgt sich so manche Überraschung: Ein geräumiger „Keller“ zum Beispiel, der im Bauch des Gefährts Stauraum für Fahrräder, Autoreifen oder Weinflaschen bietet.

Es ist im Grund unmöglich, direkt im Herzen Wiens die Genehmigung für ein Hausboot zu erhalten.

Sascha Haas, „Techmetall“-Chef

Das wahre Leben spielt sich aber freilich darüber ab – auf neun mal vier Metern, die intelligent verschachtelt Wohnzimmer, Toilette, Bade- und Schlafzimmer zu bieten haben. „Hier ist alles vorhanden, das man zum Leben braucht,“ weiß Haas. Selbst im Winter kann man es sich wildromantisch am Wasser gemütlich machen – die Infrarotpaneele sorgen für wohlige Wärme, die Wände sind wie jene von Niedrigenergiehäusern isoliert.

Aber kommen wir zurück zur Expertise des Hausbootbauers, der eigentlich gelernter Schlosser in vierter Generation ist. „Mir war dieser Beruf in seiner normalen Form einfach zu langweilig“, schmunzelt er. Und so gründete er vor zwölf Jahren seine Firma „Techmetall“, um so genannte Mikrohäuser zu bauen. Also containerkleine Häuschen, die alles zu bieten haben – bis auf große Räume. „Damals haben uns alle ausgelacht“, erinnert sich der 45-Jährige. Heute liegen diese „Tiny Houses“ voll im Trend, allein Haas’ Firma hat inzwischen 200 davon errichtet.

Außen schlicht, spielt das Hausboot aber innen (siehe unten) alle Stückerl. Vor allem aber macht es einen Höllenlärm, wenn die Motoren gestartet werden …
In einem Hausboot muss auf engem Raum viel platz haben.

Sascha Haas als Kapitän: So ein Hausboot muss schließlich manövrierfähig sein!

Jedenfalls lag die Idee nahe, ein solches Mikrohaus einfach auf einen Schwimmkörper zu stellen und – voilá – ein Hausboot daraus zu zaubern. Doch die Sache klang leichter , als sie am Ende war: So ein Hausboot wiegt zwischen 20 und 25 Tonnen und muss erst einmal auf dem Wasser balanciert werden. Außerdem müssen, wie schon erwähnt, jede Menge bürokratischer Hürden umschifft und gewisse Sicherheitsaspekte zusätzlich integriert werden.

So spielt etwa die Alarmanlage von Saschas Hausboot wahrlich alle Stückerl – und warnt nicht nur vor Einbrechern, sondern außerdem vor Feuer und vor eindringendem Wasser. Ein eigenes Pumpsystem wurde also integriert , um das Boot seetauglich zu machen. Und, und, und …

Der Preis ist heiß

Nur logisch also, dass die Kosten im Vergleich zu den ungefähr 70.000 Euro teuren Land-Brüdern mit gut 300.00 Euro auch deutlich höher sind. „Aber“, betont Haas, „die Sache rechnet sich trotzdem“. Eine halbwegs adäquate Wohnung kostet gerade am Stadtrand Wiens ein Vielfaches davon. Außerdem seien die monatlichen Fixkosten (Strom, Lageplatz, etc) mit 600 Euro verhältnismäßig gering.

Trotzdem ist Sascha Haas gerade dabei, sein Hausboot zu verkaufen. Hintergrund: „Meine Frau hat mich darum gebeten“, schmunzelt er. Wer Interesse hat, kann sich übrigens mit einem kleinen Motivationsschreiben per Mail um ein paar kostenlose Testnächte bewerben. Und so das ungewöhnlichste Wasserbett des Landes zumindest einmal ausprobieren.

Text: Johannes Stühlinger
Fotos: Getty Images

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