Design lässt Herzen weiter schlagen

Es sind diese Menschen, die nie aufhören nachzudenken, welche die Welt immer wieder ein Stück weiterentwickeln und lebenswerter machen. Wie Miles Lowell Edwards (1898 – 1982), der als erfolgreicher und finanziell längst unabhängiger Erfinder mit 60 Jahren in Pension ging. Und der bei einer seiner regelmäßigen Golfrunden die Erkenntnis hatte, dass das menschliche Herz im Prinzip nichts anders ist als eine jener Treibstoff-Pumpen, die er für die US Air Force erfunden hatte.

Unabhängig an die Börse

Und so entwickelte Edwards mit dem etwa halb so alten Chirurgen Albert Starr in den späten 1950er-Jahren eine künstliche Herzklappe, die Starr-Edwards Mitralklappe. 1960 wurde diese Klappe in Form einer Kugel-Prothese von Albert Starr an der Oregon Health and Science University in Portland (USA) erstmals erfolgreich implantiert.

Miles Lowell Edwards‘ Vermächtnis und sein Name werden immer noch hochgehalten: Das von ihm 1961 in Santa Ana, Kalifornien, gegründete Edwards Laboratory zur Produktion künstlicher Herzklappen wurde zuerst 1966 von der American Hospital Supply Corporation und danach 1985 von Baxter International Inc. übernommen. Seit dem Jahr 2000 wird das Unternehmen unter dem neuen Namen Edwards Lifesciences unabhängig geführt und an der New Yorker Börse unter dem Kürzel EL gehandelt.

Globaler Herzschlag

Mittlerweile hat sich Edwards Lifesciences als Marktführer im Bereich biologischer Herzklappen und Reparaturprodukten sowie der fortschrittlichen hämodynamischen Überwachung zur globalen Marke entwickelt, die rund zwei Millionen Patienten versorgt hat.

Zu den knapp 100 Ländern, in denen sich mehr als 8.500 Mitarbeiter ihren ungebrochen innovativen Aufgaben widmen, zählt auch Israel. Und hier entstand 2021 nach den Plänen des Roy-David-Studios in der Küstenstadt Caesarea am Granit Campus ein neues, hochmodernes Headquarter.

Produktive Inspiration

Dieser Granit Campus besteht aus drei Gebäuden, die um einen Teich errichtet wurden und freien Blick auf das Mittelmeer bieten. Mit der Planung und Gestaltung der rund 5.000 Quadratmeter großen Bürofläche wurde das heimische Architekturbüro Roy-David Studio betraut. Deren Ziel war es von Anfang an, auf zweieinhalb Etagen einen „inspirierenden und produktiven Arbeitsplatz zu schaffen, der gleichzeitig die Geschichte und das Wesen von Edwards Lifesciences widerspiegelt.“

Deshalb basiert das Designkonzept nicht zuletzt auf der Idee künstlicher Herzklappen. „Um die Geschichte von Edwards Lifesciences hervorzuheben und in die Arbeitsumgebung einfließen zu lassen“, heißt es auf der Homepage von Roy-David-Studio, „wurde die allgemeine Morphologie des Raums und der darin befindlichen Elemente aus der Gegenüberstellung von organischen Formen, die das menschliche Herz und den menschlichen Körper darstellen, und starren orthogonalen Formen, die mit der Technik in Verbindung gebracht werden, abgeleitet.“

Die Venen des Gebäudes

Das Thema wird im Raum sowohl durch die verwendeten Materialien als auch durch maßgeschneiderte Elemente, Formen und Muster zum Ausdruck gebracht. Etwa durch die einzigartigen Decken in den Büros, die organisch geformte Öffnungen aufweisen und einen Blick auf die darüberliegende Technik, quasi die Venen des Gebäudes, erlauben.

Auch die Rahmeninstallation in der Cafeteria ist ein schönes Beispiel, wie der Geist des Unternehmens in den Alltag einfließt: Das dreidimensionale Kunstwerk zeichnet die vier Herzkammern nach und schafft damit ein Raumerlebnis, das die Identität der Firma stärkt und gleichzeitig Mitarbeiter und Besucher inspirieren soll. Im Gegensatz dazu ist eine Kunstinstallation zwischen zwei Säulen im Eingangsbereich eher von technologischen Entwicklungen von Edwards Lifesciences beeinflusst als von den Formen des menschlichen Körpers.

Anregende Räume

Das Roy-David-Studio ist ein Büro für Architektur und Innenarchitektur mit Sitz in Tel Aviv, dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zentrum Israels. Gegründet wurde das Studio 2013 von Namensgeber Roy David, der vom israelischen Globes Financial Magazine 2019 zu einem der „40 under 40“ zukünftigen Führungspersönlichkeiten des Landes gekürt wurde.

Die Arbeit des Roy-David-Studios wird nach eigenen Angaben „von der Suche nach dem einzigartigen Wesen des Raums bestimmt. Wir finden die richtige Interpretation, entwickeln die Designsprache des Projekts und schaffen inspirierende und zum Nachdenken anregende Räume.“

Edwards Lifesciences – Leidenschaft und Selbstreflexion

Im Mittelpunkt des Gestaltungsprozesses stehen aber immer menschliche Bedürfnisse und Wünsche. Architektur und Design sollen eine Umgebung erschaffen, in denen die darin tätigen Menschen „eine authentische Essenz des Raums, Selbstreflexion und Inspiration spüren können.“

Eine stetig wachsende Leidenschaft für natürliche Materialien und Licht leiten Roy David und sein Team auf der Reise zu neuen Herausforderungen; der Einsatz neuer Technologien wiederum soll ermöglichen, die eigenen Ziele auf bestmögliche Weise zu realisieren und mit der Welt zu kommunizieren.

Mit Kunst zur Motivation

Eine der größten Herausforderungen im Granit Campus, wo Edwards Lifesciences zwei frühere Standorte zusammenlegen konnte, lag in der Entwicklung eines maßgefertigten Open-Space-Bereichs. Er soll den Ingenieuren einerseits die notwendige Privatsphäre bieten, andererseits genug Stauraum. Gelöst wurde das Problem in enger Abstimmung zwischen Architekten und Ingenieuren – mit Trennwänden und Schreibtischen, an denen man im Stehen ebenso arbeiten kann wie im Sitzen und die genügend Platz für Büromöbel bieten.

Abgerundet wird das Design des neuen Edwards-Lifesciences-Headquarters in Israel durch Büropflanzen, kunstvolle Video-Installationen und motivierende Sprüche an den Wänden. Etwa ein Zitat von Ryunosuke Satoro: „Individually we are one drop. Together, we are an ocean.“ Wobei einzelne Tropfen wie Miles Lowell Edwards den Ozean erst so richtig in Bewegung setzen.

Text: Hannes Kropik
Fotos: Itay Benit