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Liebes Land im Metaverse

Mit dem Liberland Metaverse hat Zaha Hadid Architects eine virtuelle Stadt geschaffen – in einem nicht anerkannten europäischen Scheinstaat.

Kennen Sie Liberland? Was nach einer, einem Kinderbuch entsprungenen, fiktiven Nation klingt, existiert tatsächlich; nur ein paar hundert Kilometer entfernt, mitten in Europa. Als international nicht anerkannter Scheinstaat liegt Liberland im unbewohnten Niemandsland an der Donau zwischen Kroatien und Serbien.

Liberland Metaverse

2015 rief der tschechische liberalkonservative Politiker Vít Jedlička die „Freie Republik“ auf der sieben Quadratkilometer großen Halbinsel aus. Sein offizielles Ziel: Unter dem Motto „Leben und leben lassen“ eine europäische Steueroase zu schaffen. Dass der virtuelle Staat bisher keine realen Einwohnerinnen und Einwohner hat, er weiterhin völlig unberührt ist und nicht einmal „Präsident“ Jedlička das Gebiet betreten darf, hindert diesen nicht daran, schon jetzt zahlreiche Architektur-Modelle renommierter Büros erstellen zu lassen.

Liberland Metaverse, Zaha Hadid Architects

Eines davon ist Zaha Hadid Architects (ZHA). Das britische Studio hat das Liberland Metaverse geschaffen, eine virtuelle Stadt in dem Mikrostaat. Das in der Realität brachliegende Areal wird dadurch mit Leben erfüllt; mit dem Leben vieler glücklicher Menschen. Ein liebes Land sozusagen, ganz, wie sich sein Gründer das wünscht. Ein Land, in dem man mit Kryptowährungen Grundstücke kaufen und Unternehmen gründen sowie als Avatar durch die Straßen gehen und Gebäude betreten kann.

Kurvenreiche Cyber-City

Das Liberland Metaverse ist laut den Betreibern „als virtueller Knotenpunkt für Zusammenarbeit und Networking innerhalb der Krypto-Industrie“ gedacht. Dass Vít Jedlička dieser überaus zugetan ist, drückt sich unter anderem in der „offiziellen“ Währung Liberlands aus: Bitcoin.

Über die Plattform Mytaverse bekommt man Zugang zum virtuellen Design und kann die von ZHA entworfenen Architektur besichtigen. Auch in der virtuellen Welt bleibt das Büro dabei seinem typischen Stil treu. Die „cyber-urbane“ Stadt besteht aus kurvenreichen, geschwungenen Gebäuden; Kanten und Ecken haben Seltenheitswert. Was in der realen Welt allerdings nicht möglich ist: Es gibt Elemente im Liberland Metaverse, die der Schwerkraft trotzen und schwebend errichtet wurden.

Krypto-Knotenpunkt

Das Herz der Stadt ist das Rathaus. Eine begehbare Terrasse führt um das, aus drei elliptischen Elementen bestehende Gebäude, im Inneren befindet sich ebenerdig der große, nach allen Seiten offene Sitzungssaal. Die gewaltige Liberland-Flagge an der Wand darf samt Wappen und Staatsmotto hier nicht fehlen.

Liberland Rathaus, Zaha Hadid Architects
Das Rathaus von Liberland …

Liberland, Zaha Hadid Architects
… ist das Herzstück der Cyber-City

Die weiteren Designs spiegeln unmittelbar den Fokus auf die Krypto-Welt wider: So gibt es mit der DeFi Plaza und dem DeFi Incubator zwei Zentren für dezentrales Finanzwesen (DeFi) sowie die NFT Plaza, einem Handelsplatz für Non-Fungible Token (NFT), digitale Echtheitszertifikate. Auch diese Gebäude sind weithin offene, ovale Konstruktionen mit geschwungenen, oft freistehenden Elementen.

Liberland Metaverse, Zaha Hadid Architects
Die virtuelle Stadt im Metaverse …

Cyber-City, Zaha Hadid Architects
… stellt ein Zentrum der Krypto-Welt dar

Parametrismus für Liberland Metaverse

ZHA-Hauptarchitekt und Geschäftsführer Patrik Schumacher entwarf die Cyber-Stadt mittels Parametrismus, einer digitalen Entwurfsmethode für architektonische Formen, basierend auf natürlicher Formgebung.

„Unser Konzept des Metaversums basiert auf realistischem Design und fotorealistischem Rendering“, so der deutsche Architekt. Dieser Realismus in der Konzeption ermögliche die spätere physische Umsetzung der entworfenen Metaverse-Räume.

Für die schwebenden Bereiche wird man sich da allerdings noch etwas einfallen lassen müssen.

Virtueller Boom

Zara Hadid Architects investiert aktuell stark in Metaverse-Design, wie Patrik Schumacher erklärt. Man wolle die Architektur in der physischen Welt nicht vernachlässigen, aber „wir wollen ein multidisziplinäres Designbüro sein.“ Virtuelle Konzepte seien demnach mit der klassischen Architektur kombinierbar. Schumacher nennt hier Universitäten als Beispiel. Neben einem realen Campus kann es auch virtuelle Lehrveranstaltungen geben. Architekturbüros können beide Räume entwerfen.

Architekturbüros investieren zunehmend in virtuelle Designs im Metaverse

Auch andere Studios wenden sich zunehmend dem Metaverse zu. Das dänische Architekturbüro BIG (Bjarke Ingels Group) hat kürzlich ein virtuelles Büro für das Medienunternehmen Vice Media Group designt.
Das Studio Roar mit Sitz in Dubai wiederum entwarf mit dem Roar Meta Space jüngst einen digitalen Showroom inklusive Kunstgalerie, Veranstaltungsbereich und virtuellem Shop.

Text: Michi Reichelt
Bilder: Zaha Hadid Architects, Mytaverse

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