Marmormolen, Henning Larsen, Ramboll, Nordhavn
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Der Holzgigant von Nordhavn

Das Projekt Marmormolen im neuen Kopenhagener Stadtteil Nordhavn wird nach den UN-Nachhaltigkeitszielen gebaut. Das Bürogebäude von Henning Larsen und Ramboll wird einer der größten Holzbauten Dänemarks sein – und mehr als nur ein Platz zum Arbeiten.

Nordhavn ist für Kopenhagen das, was die HafenCity für Hamburg ist. Ein neues Stadtentwicklungsgebiet, das dem steigenden Bedarf an Wohnraum nachkommt und einen erstklassigen Unternehmensstandort bietet. Für das enorme Bauprojekt wird der Überseehafen seit 2013 in den Øresund erweitert. Diese Großbaustelle machte Dänemark zum größten Stahlverbraucher Nordeuropas und riss ein ordentliches Loch in die CO₂-Bilanz. Was die Bebauung des neuen Viertels angeht, so will man hier Städtebau neu denken und sich an ambitionierten Klimazielen orientieren.

Office Landschaft, Marmormolen, Henning Larsen, Nordhavn
Marmormolen gilt als Großprojekt des Ingenieur-Holzbaus.

Vorzeigeprojekt im Holzbau

In diesem Sinn ist Nordhavn eine Art Versuchslabor für innovative Konzepte. Selbstfahrende Busse testet man hier ebenso wie das Bauen mit recycelten Ziegeln. Das Gebäude Marmormolen ist ein weiteres Vorzeigeprojekt auf dem Weg zur Klimaneutralität. Schließlich soll es zu den größten zeitgenössischen Bauwerken Dänemarks zählen, die zur Gänze aus Holz gebaut sind.

Der Entwurf für den Büro- und Gewerbe-Komplex, der 2024 eröffnet werden soll, stammt vom dänischen Architekturbüro Henning Larsen und dem Ingenieur-Unternehmen Ramboll. Auftraggeber ist der dänische Pensionsfond AP Pension. Auf 28.000 Quadratmetern und acht Stockwerken sollen hier künftig moderne Arbeits- und Geschäftswelten entstehen.

Hafenkante, Marmormolen, Henning Larsen, Nordhavn
Der Komplex liegt direkt an der Hafenkante und ist in unterschiedlich große Kuben gegliedert.

Mehr als nur ein Platz zum Arbeiten

Denn Bürogebäude müssen heute mehr bieten als nur einen Platz zum Arbeiten. „Ein Workplace war früher sehr nach innen gerichtet und abgeschottet, aber heutzutage möchten die Menschen das Gefühl haben, Teil einer vielfältigen Community zu sein und sich ihrer Umgebung zu öffnen“, erklärt Mikkel Eskildsen, Lead Design Architekt von Henning Larsen.

Dem ausgestorbenen Eindruck von Office-Burgen, die nach Feierabend ihre Gehsteige hochklappen, will man hier bewusst entgegenwirken. „Mit Marmormolen wollen wir mehr als nur ein großartiges Bürogebäude schaffen. Wir möchten, dass der Stadt etwas zurückgegeben und das Gebäude zum Leben erweckt wird – auch außerhalb der Geschäftszeiten“, so Eskildsen.

Wir möchten, dass der Stadt etwas zurückgegeben und das Gebäude zum Leben erweckt wird – auch außerhalb der Geschäftszeiten.

Mikkel Eskildsen, Lead Design Architekt von Henning Larsen

Wenn also die Angestellten nach getaner Arbeit ihre Computer herunterfahren, wird im Erdgeschoss und auf dem Platz davor das kulturelle Leben hochgefahren. Im Auditorium, das untertags als Kantine fungiert, finden abends Veranstaltungen und am Wochenende Flohmärkte statt.

Büro, Marmormolen, Henning Larsen, Nordhavn
Ein Büro muss heute mehr bieten als nur einen Platz zum Arbeiten, sagt Architekt Mikkel Eskildsen.

UN-Nachhaltigkeitsziele

Mit Marmormolen soll die ökologische Holzbauweise im großen Maßstab gedacht werden. Neben dem Wohlfühlfaktor, der dem Baustoff Holz zugeschrieben wird, bietet er auch die Möglichkeit, Kohlenstoff zu binden. Das CO₂, das ein Baum während seines Wachstums aufnimmt, bleibt durch den Einsatz als Baumaterial langfristig gespeichert. Stahl und Beton hingegen gelten als Klimakiller und sind für einen erheblichen Teil der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich.

„Heute ist es unerlässlich, dass Architektur mit unseren gewohnten Vorstellungen von Strukturen und Materialien bricht“, sagt Design Director Søren Øllgaard. Gerade in der Baubranche gebe es in Sachen Klimafreundlichkeit viel Luft nach oben. Beim Projekt Marmormolen haben die Planer in Sachen Nachhaltigkeit keine Kompromisse gemacht und sich an den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen orientiert.

Plaza, Marmormolen, Henning Larsen, Nordhavn
Der offen gestaltete Raum um den Holzgiganten soll zu einer Belebung der Umgebung beitragen und der Stadt etwas zurückgeben.

Der Trick mit den Würfeln

Marmormolen liegt direkt an der Hafenkante, wo die Grundstückspreise besonders hoch sind. Für den sozialen Mehrwert sorgen eine Reihe an öffentlichen Plätzen, die zur Belebung und Öffnung der unmittelbaren Umgebung beitragen sollen. Neben einer begrünten Plaza und Dachgärten gibt es auch Promenaden und eine Parkanlage am Wasser.

Obwohl das Gebäude eine einzige, große Kubatur bildet, ist es in kleinere Kuben aufgegliedert. Die Seite, die der stark befahrenen Straße zugewandt ist, reicht acht Geschosse in die Höhe. Zu den Wohngebäuden hin fällt der Komplex stufenweise auf drei Stockwerke ab und fügt sich damit rücksichtsvoll in die urbane Struktur ein. Durch diesen Trick wirkt das Gebäude an der belebten Wasserseite zurückgenommen und zugänglich.

Jeder Kubus verfügt über seine eigene, begrünte Dachlandschaft. Terrassen, Gärten, Bienenstöcke, Schmetterling-Hotels und Gemüsebeete der hauseigenen Kantine sorgen für Biodiversität und bieten den Mietern Naherholungsräume und entspannte Ausblicke aufs Wasser.

Text: Gertraud Gerst
Visualisierungen: Henning Larsen

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