Unter dem grünen Schattenzelt
Dass Bäume den besten Schatten spenden, ist bekannt. Bei ihrem Entwurf für den Neubau der Zentralbank der Philippinen setzen die Architekten von WTA Bäume und Pflanzen zur Kühlung ein und schaffen zugleich einen Hotspot für Biodiversität.
Die Zentralbank der Philippinen hat eine besondere Bedeutung für das Land. Ihre Gründung im Jahr 1949 war ein entscheidender Schritt hin zur nationalen Eigenständigkeit. Mit dem neuen Zentralbankgesetz von 1993 wurde sie durch die Bangko Setral ng Pilipinas (BSP) ersetzt, die fortan auch als unabhängige Währungsbehörde agierte. Sie sollte die Preisstabilität fördern und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum ermöglichen. Derzeit ist die Zentralbank noch in insgesamt fünf Gebäuden in der Hauptstadt Manila untergebracht. In den kommenden Jahren soll sie allerdings in die Planstadt New Clark City übersiedeln, die etwa 100 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt entsteht. Hier werden künftig über eine Million Menschen leben und an die 800 Menschen arbeiten.
„Die BSP hat New Clark City als seinen neuen Standort gewählt, um die Metropolregion Manila zu entlasten und die Regierungsgeschäfte zu dezentralisieren“, wie es auf der Seite der BSP heißt. Um die derzeit getrennten Gebäude der Zentralbank möglichst effizient zu vereinen, rief man einen internationalen Architekturwettbewerb aus. Der Beitrag von WTA Architecture and Design Studio schaffte es nun unter die „Future Projects“-Finalisten des World Architecture Festivals 2022.
Biodiversität im Naturkorridor
Mit ihrem Entwurf zeigen die Architekten eine grüne Landmark am Tor zur New Clark City. Der Komplex ist so gestaltet, dass er alle Bereiche unter einem Dach vereint und dabei nicht nur naturnahen Raum für die Mitarbeiter schafft, sondern auch die regionale Biodiversität stärkt. Die Fassadenbegrünung ist nicht ganz so radikal gedacht wie bei Stefano Boeri, wobei ein großer Teil des Daches von Photovoltaikpaneelen bedeckt wird.
„In das Gebäude integrierte Naturkorridore knüpfen an die Unberührtheit des Landstrichs an, um ein Schutzgebiet für Vögel und andere Tierarten zu schaffen“, erklären die Architekten. „Der Security Plant Complex wird die erste Zentralbank der Welt mit einem eigenen Naturschutzgebiet.“
Der Security Plant Complex wird die erste Zentralbank der Welt mit einem eigenen Naturschutzgebiet.
WTA Architecture and Design Studio, Architekturbüro
Diese sogenannten Naturkorridore manifestieren sich in naturnahen Landschaften mit Wassergräben, die in die begrünte Fassade des Gebäudes übergehen. Hier sollen über 400 gepflanzte Bäume ein Showcase der endemischen Flora schaffen und zugleich das Verwaltungsgebäude vor direkter Sonneneinstrahlung schützen. Ein Belüftungskamin im Inneren sorgt für eine natürliche Kühlung der Räume.
Insgesamt soll die lebende Fassade an die 23.000 Quadratmeter Grünfläche schaffen und so über 70 Tonnen CO₂ pro Jahr absorbieren, wie die Architekten vorrechnen. Den Großteil des High-Performance-Daches bedecken allerdings die Solarpaneele, die das Gebäude mit grünem Sonnenstrom versorgen werden. Das auf der Dachfläche gesammelte Regenwasser soll sich auf 70 Millionen Liter pro Jahr belaufen.
Flexibel und adaptierbar
Die neue BSP-Zentrale wird neben einem Geldmuseum und einer Forschungsakademie auch den Security Plant Complex (SPC) umfassen, die nationale Banknoten- und Münzproduktion. Dieser Teil soll möglichst flexibel und adaptierbar sein. So wie die Entwicklung neuer Technologien den Produktionsprozess fortlaufend verändert, so soll sich auch die Architektur an neue Bedürfnisse anpassen können.
„Der neue Security Plant Complex rationalisiert das Raumprogramm von einer Sammlung individueller Strukturen zu einem vereinten Ganzen, das maximale Flexibilität bietet und eine kontinuierliche Optimierung erlaubt“, so die Architekten.
Der neue Security Plant Complex rationalisiert das Raumprogramm von einer Sammlung individueller Strukturen zu einem vereinten Ganzen, das maximale Flexibilität bietet und eine kontinuierliche Optimierung erlaubt.
WTA Architecture and Design Studio, Architekturbüro
Die grüne Landmark soll so auch zu einer funktionellen Ikone werden, zu „einem lebenden Monument für künftige Generationen“.
Fehlerhafte Banknoten
Die philippinische Banknotenproduktion hat in den letzten Jahren vor allem durch fehlerhafte Geldscheine für Aufmerksamkeit gesorgt. Als man Ende 2010 neue Peso-Scheine mit verbesserten Sicherheitsmerkmalen in Umlauf brachte, haben sich gleich mehrere Fehler eingeschlichen: Der heimische Blaunackenpapagei hatte die falschen Farben und bei einer abgebildeten Landkarte fehlten zahlreiche Inseln oder waren nicht richtig eingezeichnet.
Bei der neuen Zentralbank will man jedenfalls alles richtig machen. Sollte dieser Entwurf für ein durch und durch grünes Headquarter den Zuschlag bekommen, könnte das den entstandenen Imageschaden zumindest teilweise wiedergutmachen.
Text: Gertraud Gerst
Visualisierungen: WTA Architecture and Design Studio